München
Neues Kapitel in der Modellbau-Affäre

Freie Wähler ziehen vor den bayerischen Verfassungsgerichtshof

09.02.2017 | Stand 02.12.2020, 18:40 Uhr

Foto: DK

München (DK) Die Modellbau-Affäre ist für Ex-Staatskanzleichefin Ministerin Christine Haderthauer (CSU) noch nicht ausgestanden: Die Freien Wähler sehen die Aufklärungsarbeit im Untersuchungsausschuss als mangelhaft an. Nun klagen sie gegen die Staatsregierung.

Die Freien Wähler (FW) sind mit der Aufklärung der Affäre nicht zufrieden, außerdem werfen sie Haderthauer aus ihrer Sicht rechtswidrige Einflussnahmeversuche vor. Die Freien Wähler werden wegen des Themenkomplexes vor dem bayerischen Verfassungsgerichtshof Organklage gegen die Staatsregierung einreichen. Das sagte der mittelfränkische FW-Abgeordnete Peter Bauer, der auch Mitglied im Untersuchungsausschuss Modellbau ist, unserer Zeitung gestern in München. Seine Fraktion habe diesen Schritt mit großer Mehrheit beschlossen.

Im Mittelpunkt der Modellbau-Affäre steht die Firma Sapor, deren Gesellschafter Haderthauer und ihr Ehemann Hubert nacheinander waren. Über Sapor wurden wertvolle Modellautos vertrieben, die ein verurteilter Dreifachmörder in einer Therapie hergestellt hatte. Haderthauer musste aufgrund der Affäre im September 2014 als Leiterin der Staatskanzlei zurücktreten. Im Landtag arbeitet ein Untersuchungsausschuss die Geschehnisse auf.

Hintergrund der nun angekündigten Klage ist ein Gutachten, das der Hamburger Verfassungsrechtler Gerhard Strate im vergangenen Jahr für die Freien Wähler erstellt hat. Darin kommt er zu dem Ergebnis, dass Haderthauer mit ihrem Verhalten in der Modellbau-Affäre "die grundlegenden Strukturprinzipien der bayerischen Verfassung auf den Kopf" gestellt habe.

Bauer hatte Haderthauer auf dem Höhepunkt der Affäre mit den Worten zitiert, dass lediglich 60 Modellautos hergestellt worden seien. Unterlagen belegten jedoch, dass es 132 Stück gewesen seien, hieß es 2014 in einem Antrag Bauers, aus dem auch Zeitungen zitierten. Bauer und die FW-Fraktionsspitze erhielten nach eigenen Angaben daraufhin ein Fax aus der Staatskanzlei mit dem Briefkopf der Staatsregierung, in dem Haderthauer die Abgeordneten aufforderte, Behauptungen zu unterlassen, wonach sie Aussagen über die Zahl der hergestellten Modelle gemacht habe. Haderthauer habe ihr Amt und öffentliche Finanzmittel genutzt, um eine Unterlassungsaufforderung abzugeben, deren Gegenstand "gänzlich außerhalb ihrer amtlichen Kompetenzen" lag, heißt es in Strates Gutachten. Schon bei der Vorstellung dieses Gutachtens im vergangenen Juli hatten sich die Freien Wähler eine Klage gegen die Staatsregierung vorbehalten. Zunächst wollten sie aber die Ergebnisse des Untersuchungsausschusses abwarten. Vom Verlauf des Gremiums, das Ende des Monats voraussichtlich seine Arbeit abschließen wird, ist Bauer allerdings enttäuscht. Er hätte sich weitere Zeugenvernehmungen und noch tiefergehende Aufklärung gewünscht. Daher gehen die FW nun den Klageweg.

Die Klageschrift soll in den kommenden Monaten von Verfassungsrechtler Strate ausgearbeitet werden. Bauer schätzt die Erfolgsaussichten positiv ein: "Aus meiner Überzeugung sehe ich gute Chancen", sagte Bauer. Haderthauer habe versucht, mithilfe der Staatskanzlei das Parlament zu kontrollieren statt umgekehrt. "Es ist versucht worden, die Verfassung auf den Kopf zu stellen", sagte Bauer. Hinzu komme, dass Haderthauer zu Beginn der Affäre stets betont habe, dass es sich um eine Privatangelegenheit handle. Dass sie dann mit dem Briefkopf der Staatskanzlei antworte, "das passt einfach nicht zusammen". Haderthauer habe Steuergelder zweckentfremdet.

Die frühere Ministerin wollte sich gestern nicht zu der angekündigten Klage äußern. Aus der Fraktion bekam sie aber Rückendeckung. Der stellvertretende Vorsitzende des Untersuchungsausschusses, Florian Herrmann, griff die Freien Wähler scharf an. Von diesen habe er bisher noch keine einzige Zeile zur Vorbereitung von Abschlussberichten im Modellbau-U-Ausschuss gesehen, sagte der CSU-Politiker. Dass die Freien Wähler dem Ausschuss nun mangelnde Gründlichkeit vorwürfen, könne er nicht nachvollziehen. Alles sei sehr sauber abgelaufen.

Bauer warf den anderen Fraktionen, die die zusätzlichen Beweisanträge der Freien Wähler im Untersuchungsausschuss geschlossen abgelehnt hatten, dagegen "mangelnde Sensibilität" vor. Die Verfassung sei der zentrale Kern unserer Demokratie und gegen diese habe Haderthauer verstoßen.