München
"Cyber-Cops" melden sich zum Dienst

Innenminister Herrmann will Kampf gegen Internetkriminalität und Rechtsterrorismus verstärken

03.01.2012 | Stand 03.12.2020, 1:59 Uhr

München (DK) Internetpolizisten, ein rasches NPD-Verbot, Kampf gegen islamistische „Zeitbomben“: Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hat gestern in München seine Prioritäten bei der Kriminalitätsbekämpfung 2012 vorgestellt. Gegenüber der FDP beharrt er auf der Vorratsdatenspeicherung.

Sie sollen Computerspezialisten sein, bei der Kriminalpolizei angesiedelt werden und im Internet nach Kinderschändern, Terroristen und Betrügern suchen: In diesem Jahr treten in Bayern 54 Internetpolizisten, auch „Cyber-Cops“ genannt, ihren Dienst an. Die Delikte im Datennetz nähmen immer mehr zu, hob Herrmann hervor. Nach seinen Angaben gab es bereits 2010 in ganz Deutschland 250 000 Straftaten über das Internet. Davon wurden etwa 23 000 in Bayern begangen. Meistens geht es dabei um Betrug. Als Beispiel nannte Herrmann eine Bande, die Verbraucher mit fingierten Online-Shops um ihr Geld brachte. Die rund 100 000 Kunden hätten unter anderem Handys oder Digitalkameras bestellt und bezahlt, diese aber nie erhalten. Der Schaden betrug rund 40 Millionen Euro.

Die Täter konnten offenbar mit Hilfe von „Quellen-TKÜ“ ermittelt werden. Dabei wird heimlich ein Programm auf Rechnern von Verdächtigen installiert, das ihre Kommunikation überwacht. Elektronische Überwachung ist allerdings umstritten, nachdem kürzlich ein rechtlich zweifelhaftes Programm („Bundestrojaner“) eingesetzt wurde.

Herrmann will den Behörden möglichst bald weitere Möglichkeiten der Überwachung im Internet geben. „Am virtuellen Tatort hilft kein Fingerabdruckpulver“, sagte der Minister. Er mahnte die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung an. Ein entsprechendes Gesetz, das 2010 vom Bundesverfassungsgericht gestoppt wurde, sieht die monatelange Speicherung sämtlicher privater Verbindungsdaten vor – sowohl im Internet als auch am Telefon. Viele Händler von Kinderpornografie etwa könnten nicht gefasst werden, weil Daten zu schnell gelöscht werden, meint der Minister.

Kritiker sehen für die Bürger aber mehr Schaden als Nutzen in der massenhaften Datenspeicherung. Unter anderem wehrt sich die zuständige Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) gegen die Vorratsdatenspeicherung. Sie will mehr Datenschutz für die Bürger.

Neben der Internetkriminalität will Herrmann 2012 auch den Rechtsextremismus ins Visier nehmen – vor allem vor dem Hintergrund der jüngsten Neonazimorde. In Bayern gibt es nach Einschätzung der Behörden 2500 Rechtsextremisten, davon gelten 1200 als gewaltbereit. Herrmann warb für eine bundesländerübergreifende Rechtsextremismusdatei, um mögliche Täter besser überwachen zu können.

Der Minister befürwortete auch abermals einen neuerlichen Anlauf für ein NPD-Verbotsverfahren. Im Mai werde die Innenministerkonferenz von Bund und Ländern dazu die neuesten Erkenntnisse vorlegen. Der Minister warb dafür, dann „im Mai oder Juni“ zu entscheiden, ob ein neues Verfahren eingeleitet wird. Darüber hinaus dürfe man auch den Linksextremismus und den islamistischen Terrorismus nicht aus den Augen verlieren, betonte Herrmann. Die Zahl der linksextremistischen Gewalttaten steige stetig. Auch drohe nach wie vor Gefahr durch Islamisten, die in Terrorlagern ausgebildet würden, sagte der Minister. „Das sind sozusagen tickende Zeitbomben.“