München
Cannabis statt Einbrecher

22.10.2014 | Stand 02.12.2020, 22:05 Uhr

München (DK) Ein Einbrecher wurde im Haus vermutet, die herbeigerufene Polizei fand aber eine Cannabis-Plantage im Keller. Nun klagte die Mieterin der Wohnung, weil sie glaubt, dass die Polizeimaßnahme, also die Durchsuchung der Wohnung, rechtswidrig war.

Ein Urteil fiel gestern vor dem Verwaltungsgericht München nicht. Nach der Vernehmung einer weiteren Zeugin wird die Entscheidung des Gerichts den Parteien schriftlich zugestellt.

Am 6. Mai vergangenen Jahres wurde die Polizei Geisenfeld gegen 11 Uhr zur Adresse der Klägerin, einer 31-Jährigen aus dem nördlichen Landkreis Pfaffenhofen, gerufen. Eine Nachbarin hatte telefonisch mitgeteilt, dass der zwölfjährige Sohn der Mieterin aus dem ersten Stock gesprungen sei, weil er im Haus ihm unbekannte Stimmen gehört habe. Seine Mutter sei zu diesem Zeitpunkt nicht im Haus gewesen.

Die Polizei – am Ende waren es sieben Beamte – durchsuchten die Wohnung, obwohl die Klägerin den Ermittlern nach eigenen Aussagen den Zutritt verwehrt hatte. „Mein Sohn war krank und deswegen zu Hause. Ich war keine zehn Minuten weg. Und in der Garage hat ein Freund gearbeitet“, erklärte die 31-Jährige die Situation an diesem Vormittag. Dass Unbekannte im Haus sein könnten, war für sie ausgeschlossen, weil sie drei Hunde hätte, die bei Fremden sofort bellen würden. „Die Nachbarin ruft immer sofort die Polizei“, stellt die Klägerin dar.

Auch in der Nacht zuvor: Da gab es Streitigkeiten in der Wohnung der Klägerin. Um 1 Uhr kam die Polizei. Am Ende gab es Strafanzeigen wegen Hausfriedensbruch und Körperverletzung. „Da wurde nur gestritten und rumgeplärrt“, versuchte die 31-Jährige die Sache kleinzureden.

Aussage gegen Aussage: Die Klägerin meinte, ein Polizist habe der Mutter ihres Freundes, der das Haus gehört, den Schlüssel aus der Hand gerissen und sie zwei Treppenstufen hinuntergeschubst. Der Polizist der Inspektion Geisenfeld sagte, er habe zuerst der Mieterin erklärt, warum die Polizei hier nachschauen müsse, dann der Hauseigentümerin. „Wir hätten auch die Türe aufgebrochen“, betonte der Beamte. Dann habe er die Frau beiseite geschoben und den Schlüssel an sich genommen.

Das Gefühl, dass die Mieterin seiner Argumentation folgen würde, entnahm der Polizist der Aussage: „Dann schaun’s halt nach.“ Das will die Klägerin aber nie gesagt haben. „Ich habe mehrmals betont, dass ich niemanden reinlasse.“ Der 49-jährige Beamte sagte vor Gericht, dass ihn keine Aussage der Klägerin davon überzeugen konnte, dass „zu 100 Prozent niemand im Haus“ sein könnte. „Es bestand die absolute Notwendigkeit der Durchsuchung. Mache ich es nicht und es gibt einen Personenschaden, sitze ich als Beschuldigter vor Gericht.“

Zudem gab es ja den Einsatz in der Nacht zuvor, die Überprüfung eines Gewehrs in dieser Wohnung ein paar Tage zuvor und einen anonymen Brief an die Kripo Ingolstadt mit schweren Vorwürfen wie: „Ich habe gehört, dass er wieder dealt.“

Dass die heftige Gegenwehr der 31-Jährigen mit der Cannabis-Anzucht im Keller zu tun hatte, gab sie gestern unumwunden zu: „Ich wollte nicht, dass die Polizei das entdeckt.“ Da ein Strafverfahren wegen dieses Deliktes laut Aussage der Richterin Gertraud Beck eingestellt ist, ging es gestern nur um die polizeiliche Wohnungsdurchsuchung. Ob diese rechtswidrig war, steht erst in einigen Wochen fest.