München
Berufung bringt milderes Urteil

Spannerprozess endet für Scheyerns Ex-Bürgermeister mit Geldstrafe

17.09.2014 | Stand 02.12.2020, 22:13 Uhr

München (DK) Das neue Urteil gegen Scheyerns Ex-Bürgermeister Albert Müller bedeutet keinen Freifahrtschein für Voyeure. Aber es ist doch ein Fingerzeig, dass es nach deutschem Recht gar nicht so schlimm ist, einer Frau in aller Öffentlichkeit unter den Rock zu fotografieren.

Die Entscheidung des Landgerichts München I in der Berufungsverhandlung gegen den ehemaligen Rathauschef der Gemeinde im Kreis Pfaffenhofen bestätigt zwar lediglich die aktuelle Rechtsprechung, und trotzdem wird sie bei vielen Frauen ein mulmiges Gefühl hervorrufen. „Man muss sich jeden Einzelfall anschauen“, sagte Richterin Elisabeth Ehrl zwar gestern. Aber: „Es gibt faktisch eine Gesetzeslücke. Man müsste entweder einen neuen Paragrafen schaffen oder den Beleidigungsparagrafen anders fassen.“

Weil sich der 57-Jährige bei seiner Festnahme gewehrt und einen Polizisten verletzt hatte, wurde Müller dennoch verurteilt. 60 Tagessätze zu je 70 Euro muss der ehemalige Kommunalpolitiker bezahlen. Macht insgesamt 4200 Euro. Die Tatmerkmale des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte und der vorsätzlichen Körperverletzung „sehen wir als erfüllt an“, sagt Richterin Ehrl. Müllers Anwältin Regina Rick hatte auch hier auf Freispruch plädiert.

Vom Vorwurf der Beleidigung blieb aber lediglich eine Ordnungswidrigkeit wegen Belästigung der Allgemeinheit. Dafür muss Müller eine Geldbuße von 750 Euro bezahlen. Müller hatte auf einer Rolltreppe am Stachus in München Frauen unter die Röcke fotografiert. Dirk Schuchardt, der die Obdachlosenzeitung BISS dort verkauft, hatte Müller dabei beobachtet und die Polizei verständigt.

In erster Instanz war der 57-Jährige neben der Körperverletzung und des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte sowie wegen Beleidigung verurteilt worden. Müllers Anwältin sah sich durch das im Vergleich mit der Vorinstanz mildere Urteil in ihrem Vorgehen bestätigt. „Ich musste mir von so vielen Leuten Vorwürfe anhören, warum ich meinen Mandanten durch die Instanzen zerre“, sagte Regina Rick. Dabei sei die Rechtslage eindeutig.

Nicht abfinden mit dem Urteil will sich allerdings Zeitungsverkäufer Dirk Schuchardt. Er, der solche Vorgänge laut eigener Aussage an der Rolltreppe schon über hundertmal beobachtet hat, will einen Brief an Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) schicken. „Es kann einfach nicht sein, dass es kein Straftatbestand ist, einer Frau unter den Rock zu fotografieren.“