München
Alte Werte, neue Themen

Der Leiter der CSU-Grundsatzkommission, Markus Blume, über das künftige Programm der Christsozialen

31.08.2016 | Stand 02.12.2020, 19:22 Uhr

München (DK) Seit 2014 debattieren die CSU-Grundsatzkommission und deren Vorsitzender Markus Blume mit der Basis über die Ausrichtung der Partei. Blumes Entwurf für ein neues CSU-Grundsatzprogramm wird ein zentrales Thema der Vorstandsklausur am 9. und 10. September sein. Im November soll dann ein CSU-Parteitag das Programm verabschieden.

 

Herr Blume, wie sind die bisherigen Rückmeldungen aus der Partei auf den Entwurf?

Markus Blume: Die Beteiligung ist sehr breit. Gelobt werden vor allem die kompakte Struktur, die verständliche Sprache und das klare Profil, das mit dem Entwurf zum Ausdruck kommt. Es gibt aber - wie es bei einem Grundsatzprogramm sein muss - auch vielfältige Verbesserungsvorschläge, die wir gerade sichten und einarbeiten.

 

Wo gibt es noch Diskussionsbedarf?

Blume: Beispielsweise beim Vorschlag, direktdemokratische Elemente zu stärken. Hier geht es aber mehr um die Frage des "Wie".

 

Sie schlagen Grundgesetzänderungen per Volksentscheid vor. Vor allem die CSU-Landesgruppe gilt als Gegner dieses Vorhabens.

Blume: Auch über diesen Vorschlag werden wir bei der Vorstandsklausur reden und versuchen, die verschiedenen Haltungen zusammenzuführen. Der Parteivorsitzende ist ja zum Beispiel sehr aufgeschlossen.

 

Haben Sie schon mit Horst Seehofer über den Entwurf gesprochen?

Blume: Ja, wir haben uns mehrfach ausgetauscht, auch wenn er der Grundsatzkommission bewusst viel Beinfreiheit gelassen hat. Ich habe den Eindruck, dass er dies nicht bereut. . .

 

Wo liegen die großen Unterschiede zum vorangegangenen Grundsatzprogramm von 2007?

Blume: Jedes Grundsatzprogramm steht in seiner Zeit, weil es eine Antwort auf die großen Zukunftsfragen geben soll. Das letzte Programm hat stark die Idee der aktiven Bürgergesellschaft bemüht. Nun ist Ordnung der Leitbegriff, weil wir in einer Zeit großer Unsicherheit und Unordnung leben. Das heißt nicht, dass alles neu gedacht wird, aber wir müssen unsere politischen Leitplanken in die Zukunft verlängern.

 

Das bisherige Programm ist erst neun Jahre alt. Warum gibt es schon jetzt einen Nachfolger?

Blume: Die Grundsätze und Werte haben sich nicht verändert. Wir sind aber in ein neues Zeitalter eingetreten, in dem Veränderung die neue Normalität ist. Die Digitalisierung taucht beispielsweise im alten Programm noch gar nicht auf. Heute verändert die Digitalisierung unser Leben aber in allen Bereichen. Und auch die politische Agenda hat sich verändert. 2007 war noch vor der Energiewende, es gab noch die Wehrpflicht - und Demokratie, Frieden und Freiheit schienen sich weltweit durchgesetzt zu haben.

 

Das Programm ist mit nur 40 Seiten sehr knapp. Weshalb?

Blume: In einer Welt, die immer komplexer wird, sollte sich die Politik nicht in Kleinigkeiten verlieren. Mit dem Programm wollen wir den großen Rahmen skizzieren.

 

Das Programm enthält zehnmal den Begriff Leitkultur. Beim alten Programm tauchte er auf 180 Seiten nur einmal auf. Warum versteift sich die CSU auf diesen schwammigen Begriff?

Blume: Leitkultur ist ein klarer Gegenentwurf zu Multi-Kulti und eine Absage an Parallelgesellschaften. Die Menschen wollen in einem Land leben, das seine Spielregeln an dem ausrichtet, was uns gemeinsam wichtig ist. Dazu gehören Toleranz, Religionsfreiheit, das christliche Wertefundament und auch die Sitten und Regeln des Alltags. Die Leitkultur ist der Richtungspfeil für die Integration.

 

Sie haben gefordert, dass Asylbewerber ihren Rechtsstatus nicht mehr über den Klageweg verbessern dürften. Ist das nicht ein Angriff auf rechtsstaatliche Grundsätze und damit auch auf die Leitkultur?

Blume: Wir wollen nicht die Rechtsstaatlichkeit einschränken, wir wollen den Rechtsstaat handlungsfähig halten. Das geht nicht, wenn die Gerichte mit Klagen auf ein Flüchtlingsrecht à la carte faktisch lahmgelegt werden.

 

Bei der Homo-Ehe ist im Programm eine leichte Öffnung der CSU erkennbar. Dort steht: "Jegliche Form von Diskriminierung gegenüber diesen Partnerschaften, auch die personenstandsrechtliche, lehnen wir entschieden ab."

Blume: Wir machen deutlich, dass wir am Leitbild von Ehe und Familie festhalten, ohne die Vielfalt der Lebenswirklichkeit auszublenden oder gar zurückzusetzen.

 

Die Verabschiedung des Programms fällt zeitlich mit den sechs Kongressen zusammen, auf denen wieder eine gemeinsame Linie mit der CDU gefunden werden soll. Können diese Themendiskussionen das Programm noch beeinflussen?

Blume: "Wir sind eigenständig", heißt es in unserem Grundsatzprogramm. Deshalb legen wir auch für uns fest, was wir für richtig und notwendig halten. Ich bin mir umgekehrt sicher, dass wir damit das Profil der Union insgesamt schärfen.

 

Das alte Programm hieß "Chancen für alle", das neue ist noch titellos. Gibt es schon Vorschläge?

Blume: Die Frage haben wir uns bisher selbst noch nicht gestellt. Das heben wir uns für die Endberatung auf.

 

Das Interview führte Daniel Wenisch