München
Alles nur Sommertheater?

22.07.2014 | Stand 02.12.2020, 22:26 Uhr

München (DK) Staatskanzleichefin Christine Haderthauer steht unter Druck. Im Streit um ihre früheren Modellautogeschäfte wirft ihr die Opposition Vermischung von Staatsamt und Privatangelegenheit vor – und verlangt ihren Rücktritt. Ministerpräsident Horst Seehofer will eine Erklärung.

Es hätte ein schöner Auftritt werden sollen. Der Familienpakt Bayern. Eine Vereinbarung der Staatsregierung mit der Wirtschaft zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Staatskanzleichefin Christine Haderthauer und Ministerpräsident Horst Seehofer wollten ihn gestern im Prinz-Carl-Palais der Staatskanzlei feierlich unterzeichnen. Unterzeichnet wurde er auch, die Feierstimmung hielt sich aber in Grenzen. Die Staatskanzleichefin sah sich Rücktrittsforderungen der Opposition ausgesetzt.

Grüne, SPD und Freie Wähler griffen Haderthauer heftig an – wegen früherer Geschäfte mit Modellautos, die ein Dreifachmörder in der forensischen Psychiatrie gefertigt hatte. Sie und ihr Mann Hubert Haderthauer vertrieben die Autos über die Firma „Sapor Modelltechnik“. Christine Haderthauer schied 2004 aus der Firma aus, ihr Mann verkaufte sie 2008, als die CSU-Politikerin Sozialministerin wurde. Trotzdem schlägt der Fall seit Monaten immer wieder Wellen.

Haderthauer sei an der Behinderung von Berichterstattung über den Fall beteiligt gewesen, sagte Landtags-Vizepräsidentin Ulrike Gote von den Grünen gestern. Eine Ministerin, die parlamentarische Anfragen unwahr beantworte und Beamte für private Zwecke einspanne, sei nicht tragbar. „Sie müsste zurücktreten.“ Der SPD-Rechtsexperte Horst Arnold nannte sie charakterlich „ungeeignet“ für ihr Amt. „Sie sollte umgehend ihren Hut nehmen“, sagte Florian Streibl von den Freien Wählern.

Hintergrund ist ein Rechtsstreit, den Haderthauers Mann gegen mehrere Medien führt. Er will die namentliche Berichterstattung über ihn unterbinden und klagt wegen Artikeln über steuerliche Ermittlungen gegen ihn. Staatsanwälte prüfen derzeit, ob er bei „Sapor“ alle Umsätze angegeben hat. Nun stellte sich heraus, dass sich in den Gerichtsunterlagen auch Artikel aus dem Pressespiegel der Staatskanzlei befinden. Zudem hat die Regierungszentrale offenbar Mails an Redaktionen verschickt, um auf die Klage hinzuweisen. Ein Staatskanzleisprecher meldete sich beim Bayerischen Rundfunk, um sich über eine – nach Ansicht der Ministerin falsche – Information in einem Bericht zu beschweren. Eine Vermischung von Staatsamt und Privatangelegenheit?

Seehofer gibt sich zurückhaltend. „Ich bitte sie um eine Erklärung dazu – was da war am Verhältnis Staatskanzlei und privaten Angelegenheiten“, sagt er am Rande der Veranstaltung zum Familienpakt. Frühestens heute will er sich offenbar äußern. Ein uneingeschränktes Bekenntnis zur Ministerin hört sich anders an. Aber Seehofer weiß da wohl tatsächlich noch zu wenig, um ein Urteil abgeben zu können. Bei der Veranstaltung gibt er sich kurz angebunden, will sie offensichtlich schnell hinter sich bringen. Haderthauer wickelt die Sache professionell ab, lächelt sich eisern durch ihre Rede.

Später geht es dann um die Vorwürfe gegen sie. In der Staatskanzlei gibt sie eine Stellungnahme ab, dann stellt sie sich den Fragen. Sie habe alle Fragen beantwortet, sagt sie. Wenn bei Anfragen und Berichterstattung Berufliches und Privates vermischt werde, müsse sie das Recht haben, sich zu wehren. Es sei Linie der Staatskanzlei, bei unwahrer Berichterstattung einzuschreiten. Dass die Unterlagen aus der Staatskanzlei in die Klage ihres Mannes geraten seien, nennt sie „ungeschickt“. Sie habe sich bei dem gleichen Anwalt vorher juristisch beraten lassen, der habe die Dokumente dann ohne ihr Wissen bei der Betreuung ihres Mannes weiterverwendet.

Und die Rücktrittsforderung? „Das buche ich unter Sommertheater ab“, sagt Haderthauer. „Dazu gibt es keinen Anlass.“

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