Lichtenau
Von klein auf am Erfolg geschraubt

Quali, Lehre, Meister: Thomas Schöffner hat sich mit jungen Jahren den Traum von der eigenen Werkstatt erfüllt

29.04.2016 | Stand 02.12.2020, 19:53 Uhr

Zweiter Platz: Thomas Schöffner mit seinem Pokal. - Foto: privat

Lichtenau (DK) Auf der Hebebühne der kleinen Werkstatt schwebt ein knallroter Lotus. An der einen Wand hängt ein Meisterbrief, schön gerahmt. Schräg gegenüber ein großes Foto von einen grünen Golf GTI auf einer Rennstrecke. Darüber steht auf einem Bord eine Reihe glänzender Pokale. Ein neuer von der BMW-Challenge wartet noch auf dem Schreibtisch auf seinen Ehrenplatz. Am ausgebauten Motor des Sportwagens schraubt ein junger Mann, groß und schlaksig, in blauer Latzhose. Auf dem Kopf trägt er ein Käppi mit der Aufschrift "Boxenstopp Lichtenau". Die kleine Werkstatt in dem Weiler im Landkreis Neuburg Schrobenhausen ist das Reich von Thomas Schöffner. Sein Beispiel zeigt, dass man auch mit einer klassischen Lehre Karriere machen kann.

Thomas Schöffner ist gerade 21 Jahre alt geworden. Ein etwas schüchterner Mann, der eher unscheinbar wirkt. Dabei hat sich der Lichtenauer trotz seiner jungen Jahre bereits seinen Lebenstraum erfüllt. Im Alter von nur vier Jahren schenkt der Vater ihm sein erstes Auto - einen alten, verrosteten DKW Junior zum Ausschlachten. "Von da an hab' ich lieber rumgeschraubt, als in den Kindergarten zu gehen", erinnert sich Schöffner junior.

Zur Grundschule geht er in Weichering, später auf die Hauptschule in Karlskron. "Aber die Schule war nicht so mein Ding, sondern nur eine lästige Pflicht", erinnert sich Schöffner. "Mich haben immer schon Autos interessiert und nicht, wie man ein x ausrechnet." Seine Lehrer reden ihm oft ins Gewissen, mehr zu lernen für bessere Noten, prophezeien ihm, er würde andernfalls sein Ziel nie erreichen. Aber Thomas ist da anderer Meinung: "Ob du einen Einser schreibst oder einen Dreier, bringt dir nichts in deinem späteren Leben." Eine durchaus streitbare Einstellung.

Trotzdem schafft Thomas Schöffner sogar den Quali. "Da habe ich mich dann doch reingehängt", gibt er zu. "Aber es war schwierig, eine Lehrstelle zu finden. Ich hab' bestimmt 50 Bewerbungen geschrieben und nur eine Zusage gekriegt." Bei Hofmann und Wittmann in Ingolstadt lernt er den Beruf des Kfz-Mechatronikers. "Der Unterricht an der Berufsschule hat mich dann interessiert, und so wurden die Noten besser. Wenn du Getriebeübersetzungen ausrechnest, dann verstehst du, wozu du das brauchst."

Am Ende ist Thomas Schöffner selber überrascht, als er als Zweitbester im Freistaat die Gesellenprüfung ablegt und für diese Leistung geehrt wird. "Das war schon toll, aber grundsätzlich bin ich nicht so der Typ für Showbühnen", sagt er verlegen. "Buchführung war schon ziemlich trocken. Aber ich wusste, dass ich es brauche, um eine eigene Firma zu führen. Denn das ist mein Traum, mein Plan, seit ich denken kann." Er arbeitet sich weiter voran und bereitet sich auf die Meisterprüfung vor. "Das war ziemlich viel Stoff, vor allem im kaufmännischen Teil. Also hab' ich mit daheim hingesetzt und gelernt. So ein Meister kostet ja auch viel Geld." Schöffner schafft die Prüfung auf Anhieb und wird freigesprochen. "Als Erstes habe ich danach meine Firma gegründet und in die Handwerksrolle eintragen lassen."

Gerade 20 Jahre alt ist Schöffner, als er mit finanzieller Starthilfe der Familie den Boxenstopp Lichtenau eröffnet. "Ich freue mich jeden Tag aufs Neue, wenn ich in meine Werkstatt komme. Und Arbeit ist genug da, ich kann mich nicht beklagen." Bei dem roten Lotus Esprit Turbo macht er gerade eine komplette technische Restauration: So eine Arbeit bereitet ihm Freude. In der Fabrik am Band zu stehen und tagaus, tagein die gleichen Handgriffe zu tun - nicht für alles Geld der Welt möchte er mit anderen jungen Männern seines Berufes tauschen.

Manche Kumpel sagen zu ihm: "Mei, du hast halt Glück gehabt." Aber das empfindet der Lichtenauer anders. "Wenn die freitagabends zum Essen ausgehen, dann sehen sie nicht, dass ich noch in der Werkstatt stehe und 'rumschraube." Oft bis Mitternacht. "Eigentlich kommt er nur zum Essen und Schlafen heim", erzählt der Vater, und in dem Moment blitzt ein heller Funke Stolz auf.

Thomas Schöffners Hobby ist der Motorsport. Mit 16 Jahren sitzt er zum ersten Mal am Steuer eines Audi 80 GTE und dreht seine Runden auf dem Hamburger Heidbergring. "Da war mir schon mulmig, denn es ging nicht so einfach mit dem Schalten. Und rechts und links rasen sie an dir vorbei." Aber der junge Mann hat einfach Benzin im Blut, nachdem sein Vater ihn von klein auf zu Oldtimerrennen und Trackdays mitgenommen hat. Oder auf große Fahrt mit dem DKW-Schnelllaster nach Afrika und durch die Wüste. "Das hat mir immer Spaß gemacht."

Vergangenes Jahr fährt er auf dem Nürburgring mit seinem Golf GTI 16 V so rasant, dass er in ein neues Rennteam aufgenommen wird: sein Einstieg in den Motorsport. Weil er nicht über das große Geld verfügt, bringt er seine Arbeitsleistung ein und die Tourenwagen auf Vordermann.

Bei der BMW-Challenge auf dem Hockenheimring am vergangenen Wochenende startet der Lichtenauer zum ersten Mal mit einem 318is-Tourenwagen und schafft es beim Zeittraining prompt auf die Pole-Position. Bei dem Sprintrennen reicht es dann nur für den zweiten Platz. "Das lag am Regen: Die Scheibe war beschlagen und ich konnte nicht mehr gut sehen", erklärt Thomas Schöffner. Aber seinen Plan hat er schon geschmiedet: "Ich versuche, die Meisterschaft zu gewinnen. Nächstes Jahr, hoffe ich, stehe ich oben auf dem Treppchen." So wie er das sagt, muss man ihm einfach glauben. Er wird es schaffen.