Kösching
33 000 Kilometer auf dem Rad

Monika Baumann aus Kösching und ihr Freund Christian Wagner wollen bis nach Sydney fahren

22.06.2017 | Stand 02.12.2020, 17:54 Uhr
Rund 50 Kilogramm Gepäck pro Person planen Monika Baumann und Christian Wagner für ihre Reise ein. Bei der Ausrüstung setzen die beiden auf gute Qualität und damit Sicherheit – „keine Experimente“, sagt Wagner. Die Route führt ihn und seine Freundin von Halle aus nach Kösching über die Alpen und den Balkan bis zum Winterquartier im Oman. Wenn es das Wetter zulässt, geht es über den PamirHighway weiter in Richtung China und schließlich in den Süden über Indonesien bis nach Sydney. −Foto: Tobias Gruber

Kösching (DK) Startschuss für eine 33 000 Kilometer lange Reise: Anfang kommender Woche brechen Monika Baumann aus Kösching und ihr Freund Christian Wagner aus Halle nach Australien auf - per Fahrrad. Sydney wollen sie innerhalb von rund 18 Monaten erreichen.

Sein Leben in Deutschland hat das Paar vorübergehend abgebrochen. Die Wohnung in Halle haben die beiden aufgegeben, die meisten Möbel mit einem "Zu verschenken"-Schild auf die Straße gestellt und den Rest bei Baumanns Eltern in Kösching untergebracht. Die 31-Jährige hat "noch schnell" ihre Promotion in Medizinischer Physik abgeschlossen, ihr 38-jähriger Freund schweren Herzens seinen Job als Sozialarbeiter an einer Brennpunktschule gekündigt. Nun wird aus "einer spinnerischen Idee", wie Wagner sagt, endlich Ernst.

Voraussichtlich 33 000 strapaziöse Kilometer in eineinhalb Jahren - warum? "Ich fand diese Art zu reisen immer toll, aber meine Eltern fanden es zu gefährlich", sagt Baumann kurz vor der Abfahrt. Dieá †se Art, damit meint die Doktorandin "abends in einen Feldweg einzubiegen, dort das Zelt aufzuschlagen und zu übernachten". Und dann lernte sie ihren Freund, der schon einige Exá †tremtouren hinter sich hat, kennen. Gemeinsam unternahmen sie Radreisen durch Deutschland, Marokko und den Oman. "Das waren nur vier, fünf Wochen, jetzt wollen wir was Längeres machen", sagt Baumann.

Das Ziel war schnell auserkoren, die Planung der Route (siehe Karte) hat gedauert. "Klar war, dass es in den Süden geht, wo man gut tauchen kann, aber es gibt ein paar Risikogebiete", sagt Baumann und bezieht sich sowohl auf Länder mit politisch als auch klimatisch kritischen Bedingungen. Anregungen holten sich die beiden von Bloggern im Internet. "Es gibt aktuell ungefähr 20 andere Deutsche, die per Rad länger unterwegs sind", sagt Baumann. "Wir sind nicht die Einzigen, die solche Ideen haben."

Rund 600 Kilometer wollen Wagner und Baumann - mit etwa 50 Kilogramm Ausrüstung pro Person, unter anderem einem 15 Jahre alten Zelt und einer "kompletten Werkstatt" - in der Woche schaffen. "Das ist auch bei schlechtem Wetter machbar", sagt Wagner. Start ist in Halle, dann geht es noch einmal durch Kösching, um letzte organisatorische Dinge zu regeln, bevor es sie gen Alpen zieht. "Nach zwei bis drei Wochen verlassen wir Deutschland in Richtung Balkan, wo Christian mal eine Weile gelebt hat", sagt Baumann. Dass sie zum Beispiel in Bosnien eine atemberaubende Landschaft erwartet, wissen sie also. Vor einem der Höhepunkte der - ab und an durch Tauchgänge unterbrochenen - Route, dem Pamir-Highway Richtung China, haben Wagner und Baumann Respekt. "1300 Kilometer mit Pässen bis zu 4600 Höhenmeter", kündigt Wagner schlicht an.

Dass die Reise nicht immer einfach sein wird, das ist ihm und Baumann natürlich bewusst. Vor der Strecke, der Anstrengung oder Regen scheuen sich die beiden nicht so sehr. "Wenn wir uns richtig zoffen, dann wird's kritisch", sagt der 38-Jährige auf die Frage, ob es auch Ängste gibt. "Wir sind aber stresserprobt und wissen, dass wir uns aufeinander verlassen können." Baumann fürchtet eher Krankheiten, die ihnen in fremden Ländern zum Verhängnis werden könnten. "Wir haben eine große Reiseapotheke dabei", sagt sie. Außerdem erwarten sie, dass sich irgendwann die Frage aufdrängt: Warum machen wir das? "Es wird nämlich auch Strecken geben, die langweilig sind, wenn es zum Beispiel vier Wochen lang über eine Staubpiste im Iran geht", sagt Wagner.

Der 38-Jährige hat allerdings ein Motto: "Auf Pech folgt immer Glück." Und das soll, komme was wolle, überwiegen bei der Fahrt durch vermutlich 29 Länder. Die Rückendeckung, die er und seine Freundin dabei schon vor Reisebeginn erfahren, ist groß. "Am liebsten würde ich kündigen und mitfahren", sei immer wieder von Freunden und Kollegen, die in der Jobmühle hängen, zu hören. Bei Baumanns Eltern herrsche ein "Mix aus Ängstlichkeit und Unterstützung" vor, während Wagners Familie schon Erfahrung mit dessen Abenteuerlust gemacht hat. "Alle stehen auf jeden Fall hinter uns", sagt er. Und das bis zum Ende - das, obwohl geplant, gar nicht unbedingt in Sydney liegen muss. "Wir sind offen, was die Dauer angeht", sagt Baumann. "Wir fahren, bis es keinen Spaß mehr macht oder das Geld alle ist."

 

Wer den Weg von Monika Baumann und Christian Wagner verfolgen möchte, kann ihren Blog unter www.204bar.jimdo.com lesen. Wir werden über die Reise der beiden in einer lose erscheinenden Artikelreihe berichten.