Kipfenberg
Eine bemerkenswerte Frau tritt ab

Annemarie Groß aus Kipfenberg haderte nicht, als sie ihre Krebsdiagnose bekam Gestern starb sie im Familienkreis

25.08.2016 | Stand 02.12.2020, 19:23 Uhr

Annemarie Groß auf dem Ansitz: Die Kipfenbergerin war leidenschaftliche Jägerin. Gestern starb sie nach schwerer Krankheit. - Foto: Richter

Kipfenberg (DK) Das Ende kam zwar nicht unerwartet, aber nun doch ganz schnell: Anna-Maria Groß aus Kipfenberg (Kreis Eichstätt), die alle Annemarie nannten, ist gestern um 0.30 Uhr im Beisein ihrer Kinder gestorben, genau so, wie sie es sich gewünscht hatte. "Sie ist friedlich eingeschlafen", sagte ihre Tochter Theresia, die sich aufopferungsvoll um die krebskranke 62-Jährige gekümmert hatte.

Annemarie Groß starb just an dem Tag, als unsere Zeitung über das letzte Kapitel ihres Lebens berichtete. Ihre bemerkenswerte Haltung dem eigenen Tod gegenüber nötigte gestern vielen Lesern großen Respekt ab.

"Schreib' meine Geschichte auf", hatte sie dem Autor eine Woche vor ihrem Abgang gesagt. Das vertrauliche Du war ihr allemal lieber als das distanzierte Sie - "da geht vieles im Leben leichter". Unkompliziert war es ihr am liebsten. Vor gut zwei Jahren hatte sie das erste Mal mit der Zeitung zu tun, da war ihr Mann Sepp gerade ein halbes Jahr tot. In einer Reportage hatten wir sie exemplarisch als Jägerin vorgestellt, nachdem der Bayerische Jagdverband von einem Jagdscheinboom bei Frauen berichtet hatte. Schon damals war klar: Annemarie Groß ist keine, die in Schablonen passt. Und vor allem ein Mensch mit viel Humor.

Seither verlor sie den Kontakt zur Redaktion nie und meldete sich, wenn in "ihrem" Kipfenberg etwas passiert war. "Wäre das nicht was für euch?", fragte sie, etwa als es um die 750-Jahr-Feier im Ort ging. Im letzten Interview hatte sie betont, wie wichtig ihr die Gemeinschaft sei. Nur zu gern hätte sie beim Theaterstück zum Jubiläum mitgewirkt, doch die Kräfte reichten nicht mehr. "Ich hätte noch eine Bitte", schrieb sie in ihrer letzten SMS an die Redaktion. "Könntest du die Blaskapelle Kipfenberg erwähnen, da sie mir immer die Polka von der Vogelwiese spielen, wenn sie mich sehen."

Heimatverbundenheit - wenn dieser Begriff für jemanden zutrifft, dann für Annemarie Groß. In eine Bauersfamilie hineingeboren, hatte sie die Kipfenberger Gegend nie verlassen. Sie hat die weite Welt auch nicht vermisst. Ihre Welt, das war das Altmühltal; sie liebte die Natur und die Menschen hier.

Im vergangenen Herbst hatte sie wieder einmal bei der Zeitung angerufen, da hatte sie gerade von ihrer Krankheit erfahren. Aber sie klang fröhlich wie immer. "Es wird schon werden, so oder so." Ganz pragmatisch. Ihr tiefer Glaube trug sie. Mit Gelassenheit und voller Neugier blickte sie dem Tod entgegen. Als es jetzt dahinging, lag es ihr am Herzen, anderen Betroffenen Mut zu machen. "Vielleicht hilft es ihnen, wenn sie meine Geschichte lesen."

Sie selbst hätte den Bericht noch gerne gedruckt gesehen, der Tod war schneller. Aber er stand am Vorabend bereits auf DK-Online, und so las Tochter Theresia ihr den Text auf dem Totenbett vor. "Sie hat zufrieden gelächelt." Kurz darauf starb Annemarie Groß, eine Frau ohne Allüren und Titel, aber gesegnet mit ganz viel Lebensweisheit. Kipfenberg, nein, der ganze Kreis verliert einen bemerkenswerten Menschen.