"Jeder ist selbst sein bester Datenschützer"

19.12.2010 | Stand 03.12.2020, 3:20 Uhr

Ansbach (DK) Persönliche Daten schwirren im Internet herum, wohl kaum jemand weiß, wo die eigenen überall abgespeichert sind und wem sie verkauft werden. Google Street View, Online-Netzwerke wie Facebook, Videoüberwachung am Arbeitsplatz, Beschäftigtendatenschutz, Werbeanrufe, Speicherung der Handydaten, Erstellen von Bewegungsprofilen – all das tangiert den Datenschutz im so genannten nichtöffentlichen Bereich. Zuständig ist das Bayerische Landesamt für Datenschutzaufsicht, das jetzt einen neuen Chef bekommt. Thomas Kranig (56) wird heute von Innenminister Joachim Herrmann in sein neues Amt eingeführt.

In Zukunft wird der gebürtige Münchner, der seit 1997 Richter am Verwaltungsgericht Ansbach war, über den Datenschutz im nichtöffentlichen Bereich wachen, und vorwiegend mit Wirtschaftsunternehmen zu tun haben, aber auch Fragen zum Datenschutz im Privatbereich nachgehen. Aktuell informiert das Landesamt auf seiner Website beispielsweise zum Bilderdienst Google Street View und wie dagegen Einspruch eingelegt werden kann. "Jeder ist selbst sein bester Datenschützer", sagt Kranig. Und zwar dann, wenn er eben nicht bei jedem Gewinnspiel mitmacht. Er selbst ist übrigens nicht bei Facebook zu finden, weil "ich die Gefahren noch nicht recht abschätzen kann". Hier, im Vorfeld des Datenschutzes, möchte der Jurist und Gerichtsmediator, der neben seiner gerichtlichen Tätigkeit auch stets unterrichtete, ein Bewusstsein schaffen.

Seine eigentliche Aufgabe aber beginnt erst dann, wenn die Daten bereits hergegeben und gespeichert wurden. Im nichtöffentlichen Bereich passiert das in der Regel freiwillig, also mit Wissen und Einwilligung des Betroffenen – im Gegensatz zum öffentlichen Bereich, der Daten umfasst, die von Behörden erhoben werden. Das ist gesetzlich geregelt, und den Umgang damit überwacht der Landesbeauftragte für Datenschutz in München.

"Datenschutz ist ein zukunftsträchtiger Bereich", sagt Kranig und prophezeit, die Datenverarbeitung werde weiter zunehmen, die Rechner würden immer stärker, Speicherkapazitäten noch größer und die Auslesemöglichkeiten differenzierter. Ob nicht irgendwann Ersticken an all den gespeicherten Daten drohe? Die Frage bringt ihn zum Schmunzeln. Nein, das befürchtet Kranig nicht, da vertraut er der Technik.

Und die ist allgegenwärtig. Ein völlig neues Thema sei die Elektronik im Auto, die zahlreiche Möglichkeiten eröffne. Wie fährt der Fahrer, wie ist sein Spritverhalten? Gegebenenfalls lasse das sogar Rückschlüsse auf die Persönlichkeit zu.

"Wir müssen mit Gesetzen und hoheitlichen Anordnungen dafür sorgen, dass gewisse Grenzen eingehalten werden", unterstreicht der 56-Jährige. Ein spannendes Arbeitsfeld erwartet ihn, eines, das er als Herausforderung sieht, zumal das Landesamt noch sehr jung ist – es wurde erst 2009 gegründet. Zunächst war es als Sachgebiet an der Regierung von Mittelfranken installiert, jetzt gilt es, das Amt in die Unabhängigkeit zu führen. Hintergrund ist eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof, die Deutschland im März 2010 verlor. Demnach muss der Datenschutz im öffentlichen vom nichtöffentlichen Bereich getrennt werden und das Landesamt von der Politik unabhängig sein. Trotzdem wird das derzeit mit 13 Mitarbeitern ausgestattete Bayerische Landesamt für Datenschutzaufsicht weiterhin bei der Regierung von Mittelfranken angesiedelt bleiben, allerdings nur, um verwaltungsmäßig unterstützt zu werden.

Sein Fernstudium, das Kranig 2009 als Master of Mediation abschloss, wird ihm bei der neuen Aufgabe zugute kommen. "Oft ist es eine Frage des Abwägens der Interessen von Wirtschaft und Datenschutz", meint Kranig. Primär habe keines von beiden Vorrang. Es gelte, Grenzen einzuhalten, aber es gebe auch Dinge, über die durchaus diskutiert werden könne.