Ingolstadt
Das Märchen von Media-Saturn

Pieter Haas erklärt Studenten der Technischen Hochschule Ingolstadt, wie seine Firma das digitale Zeitalter meistern will

29.01.2015 | Stand 02.12.2020, 21:42 Uhr

Launiger Vortrag: Pieter Haas, stellvertretender Vorsitzender der Media-Saturn-Holding GmbH, an der TH Ingolstadt. - Foto: Hauser

Ingolstadt (DK) Am Anfang steht immer das Paradies. So formuliert Pieter Haas, Vorstandsmitglied der Metro AG und stellvertretender Vorsitzender der Media-Saturn-Holding GmbH, die Zeit seines Unternehmens vor der digitalen Revolution.

Der Mann ohne Krawatte mit den freundlichen Gesichtszügen hat den voll besetzten Hörsaal der Technischen Hochschule Ingolstadt (THI) sofort in der Hand. Lautes Lachen, als Haas nach dem Thema der Veranstaltung fragt und kurz darauf eröffnet, dass er eigentlich doch lieber ein Märchen erzählen möchte.

„Früher war Media Markt so etwas wie Ikea vor 20 Jahren“, beginnt er. Mit einfachen Prinzipien habe man einen Markt nach dem nächsten eröffnet: Dem tiefsten Preis und dem größten Sortiment. „Davon haben wir 25 Jahre lang gelebt“, sagt Haas, „die größte Innovation war, dass wir irgendwann auch Computer verkauft haben.“ Wie diese die Welt noch verändern würden, damit habe allerdings in der Chefetage niemand gerechnet. Plötzlich konnte der Kunde online die Preise vergleichen, er konnte sich die Waren einfach nach Hause liefern lassen, statt extra ins Geschäft zu gehen.

Was bei Media Saturn daraufhin geschah, bezeichnet Haas als „kollektives Köpfe-in-den-Sand-stecken“, was er unter Gelächter auch entsprechend auf der Leinwand bebildert. Von 2004 bis 2008 sei der Webshop vollkommen getrennt vom Markt gelaufen und habe Verluste geschrieben. „Man hat die grundlegende Veränderung nicht erkannt.“ Deshalb seien in den Zeitungen nur noch zwei Dinge über Media Saturn berichtet worden: Der Gesellschafterstreit und Artikel nach dem Motto: „Das sind die, die online verpennt haben.“ Das Einzelhandelgeschäft habe zu diesem Zeitpunkt ein sehr schlechtes Image gehabt, das auch Haas selbst zu spüren bekam. „Die Leute haben Mitleid gehabt, wenn ich erzählt habe, dass ich bei Media Saturn arbeite.“

Doch was, fragt Haas sein gut gelauntes Publikum, sollte man nun tun? „Nicht aufgeben“, antwortet er selbst. Denn die digitale Revolution sei eigentlich nur auf den ersten Blick ein Problem. Gleichzeitig beinhalte sie auch eine Lösung: Zu viel komplizierte Technik überfordere die Menschen, sie brauchten jemanden, der ihnen erklären könne, wie der Fernseher mit den anderen elektronischen Geräten im Raum zusammen funktioniere. „Plötzlich ist es wieder eine gute Idee, vielleicht doch noch mit einem echten Menschen zu sprechen.“ Diese Kompetenz der Beratung könne schließlich kein Onlineportal leisten.

Auch auf kritische Fragen des Publikums hat Haas in Sekundenschnelle griffige Antworten: „Amazon entwickelt gerade eine Drohne zum Ausliefern von Produkten. Wann kann ich mir meine Waschmaschine von Media Saturn per Drohne liefern lassen“, will einer wissen. Haas freut sich sichtlich über die Frage. „Wie brauchen gar keine Drohne“, sagt er, „Wir haben die Waschmaschine schon hier, unsere Mitarbeiter können sie morgen ausliefern, wenn Sie sie jetzt über ihr Smartphone bestellen.“

Händler wie Amazon würden sich wünschen, so viele Märkte zu haben wie Media Saturn. Mittlerweile schreibe das Unternehmen zwar mit dem Onlinegeschäft immer noch Verlust, doch man begreife sich nun als eine Marke, die insgesamt profitabel sei. Haas glaubt, dass sein Unternehmen die digitale Revolution gut für sich nutzen wird. Oder, wie er es ausdrückt: „Und wenn sie nicht pleite gegangen sind, dann leben sie immer noch.“