Ingolstadt
Wunschberuf Bauer

Kurszahl hat sich verdoppelt: Immer mehr junge Leute aus der Region Ingolstadt lassen sich zum Landwirt ausbilden

30.06.2015 | Stand 02.12.2020, 21:07 Uhr

Foto: Horst Richter

Ingolstadt/Eichstätt (DK) Die Nachfrage ist so groß wie schon lange nicht mehr. Immer mehr junge Leute lassen sich in Ingolstadt und der Region zum Landwirt ausbilden. Das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten musste seine Zahl der Kurse verdoppeln. „Das Interesse ist weiter ungebrochen“, heißt es bei der Behörde.

Wir sind draußen auf dem Hof von Josef Heieis im Schernfelder Ortsteil Workerszell (Kreis Eichstätt). Der Wind pfeift über die Höhe, morgens ist es noch empfindlich kalt. Leonie Wick (23), Stephan Funk (22) und Bernhard Wimmer (31) müssen heute ihre Abschlussprüfungen ablegen. Lange haben sie gebüffelt, in Theorie und Praxis, und sich auf diesen Tag vorbereitet. Jetzt müssen sie sich beweisen, ob es nun um Feldbestellung, Pflanzenanbau oder Tierhaltung geht. Wimmer, der aus Schweitenkirchen stammt, soll unter anderem die Konstitution einer Kuh am Hof beurteilen. „Niemals den Stock vergessen“, mahnt der Prüfer – allzu schnell können die Milchtiere selbst den stärksten Mann an die Wand drücken und ihm die Rippen brechen. Mit dem Holzstück sind die Kühe leicht auf Abstand zu halten.

Bernhard Wimmer steht zwischen dem Vieh und erklärt diverse Merkmale eines Tiers. Er hat daheim in einen Hof eingeheiratet, „deshalb möchte ich meine Kenntnisse erweitern“, sagt er zu seinem Motiv für die Kursteilnahme. 30 Milchkühe zählen derzeit zum Betrieb seiner Frau, an eine Erweiterung ist gedacht. Die zweijährige Ausbildung über das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) in Ingolstadt – vier Unterrichtswochen jeweils im Block plus zahlreiche Abendveranstaltungen – hat den jungen Mann gut vorangebracht. Geschenkt wird einem freilich nichts: „Man muss ständig dranbleiben und lernen“, sagt der 31-Jährige. Aber es hat sich für ihn gelohnt, am Ende des Tages kann er die Praxis wie die zwei anderen Teilnehmer als bestanden abhaken.

„Das Ansehen der Landwirtschaft ist deutlich gestiegen“, stellt der AELF-Bildungsberater Michael Forster fest. Er koordiniert die Ausbildungen in Ingolstadt und Pfaffenhofen, die normalerweise im Jahreswechsel mit jeweils rund 30 Teilnehmern von den Dienststellen in Ingolstadt und Pfaffenhofen ausgerichtet werden. „Zurzeit haben wir einen Zusatzkurs in Ingolstadt laufen, wir haben das Angebot verdoppelt, weil die Nachfrage da ist. Auch das kommende Jahr ist bereits ausgebucht. Die Leute erkennen den Wert der Landwirtschaft inzwischen wieder. Die Bodenpreise sind gut, und auch der Getreidepreis liegt in den vergangenen fünf Jahren überdurchschnittlich hoch. Da lohnt es sich, als Bauer zu arbeiten; das sehen die Hoferben immer mehr.“ Die meisten jedoch im Nebenerwerb, hauptberuflich betriebene Höfe gibt es landauf und landab immer weniger.

Damit alles fachgerecht geschieht, bietet das AELF seine Lehrgänge als Teil der Bildungsinitiative Landwirtschaft in Bayern an. Zu lernen gibt es jede Menge: Wie dünge ich richtig und umweltverträglich? Nach welcher Fruchtfolge bestelle ich mein Feld? Welches Futter benötigen meine Tiere? Wie sieht ein artgerechter Stall aus? Welche rechtlichen Vorschriften sind zu beachten? Der moderne Landwirt muss noch vieles mehr beachten und nicht zuletzt betriebswirtschaftliche Aspekte im Auge behalten. Denn was hilft der schönste Hof, wenn er nichts abwirft? „Wir versuchen, den Teilnehmern unserer Kurse das nötige Handwerkszeug für den Betrieb eines Hofs mitzugeben“, sagt Forster. Buchführung gehört deshalb selbstverständlich zum Lehrplan. Oft melden sich Hoferben an, die zunächst andere Berufswünsche hatten, nun aber umplanen. Frauen machen etwa 10 bis 15 Prozent der Absolventen aus. Viele kommen aus völlig anderen Berufen. „Wir haben zum Beispiel eine, die hat Hotelfachfrau gelernt und ist jetzt mit einem Bauern verheiratet“, sagt Forster. „Da möchte sie natürlich mithelfen.“

Oder eine wie Leonie Wick, die auf dem Heieis-Hof in Workerszell gerade ihre Prüfung bestanden hat. Sie stammt aus dem Nürnberger Land, ihre Eltern sind Lehrer. „Ich wollte aber ganz was anderes machen“, erzählt die 23-Jährige. Im Dualen Studium hat sie an der Hochschule Triesdorf die Fachrichtung Landwirtschaft belegt und nebenher eine Lehre bei einem Bauern absolviert. Die Abschlussprüfung musste sie über das AELF Ingolstadt ablegen. „Meinen Schwerpunkt habe ich nicht so sehr bei der Tierhaltung, sondern eher im Pflanzenanbau.“ Ihre berufliche Zukunft sieht sie einmal als Beraterin auf diesem Sektor. Studienkollege Stephan Funk geht dagegen den klassischen Weg: „Meine Eltern haben einen Betrieb mit 130 Hektar und 60 Milchkühen; dort will ich nach der Ausbildung weitermachen.“