Ingolstadt
Wie viele Kinder reden noch bairisch?

Eine Umfrage könnte diese Frage endlich klären, doch das Familienministerium mauert

18.06.2012 | Stand 03.12.2020, 1:22 Uhr

Ingolstadt (DK) Die Unesco hat Bairisch zu einem aussterbenden Dialekt erklärt. Doch verlässliche Zahlen fehlen. Die könnte eine gerade laufende Umfrage in Kindergärten liefern, die Ergebnisse aber bleiben unter Verschluss. Mit Hinweis auf den Datenschutz.

„Seldak“ – hinter diesem Namen verbirgt sich ein Fragebogen des Staatsinstitutes für Frühpädagogik, den die Erzieherinnen in Kindergärten ausfüllen sollen. Die Bögen sollen dem Kindergartenpersonal helfen „die bestmögliche sprachliche Förderung für jedes einzelne Kind zu gewährleisten“, heißt es beim bayerischen Familienministerium, das die Bögen finanziert. Auf den Bögen wird unter anderem abgefragt, ob das Kind Dialekt spricht.

Genau an diesem Punkt setzen die Sprachschützer an. „Für das Ministerium wäre es ein leichtes, die Kindergärten zu bitten, die Zahlen der Dialekt sprechenden Kinder zu melden“, fordert Sepp Obermeier, der Vorsitzende des „Bundes Bairische Sprache“. Seit Jahren werde der Niedergang des Bairischen beklagt, doch gebe es keine Zahlen, auf die man sich stützen könne: „Wir wissen nicht, wie schlimm es wirklich ist und wo die Bairisch-Krisengebiete sind“. Deshalb sei es auch nicht möglich, Gegenstrategien zu entwickeln.

Doch das Familienministerium winkt ab. Die Bögen seien ausschließlich für die Arbeit in den Kindertagesstätten, ohne Einwilligung der Eltern dürften die Daten nicht weitergegeben werden, sagte ein Sprecher auf Anfrage.

Für Obermeier ist das ein Totschlagargument: Für eine Dialektstudie brauche man keine persönlichen Daten. Es gehe doch lediglich um die Zahl der Kinder, die noch Dialekt reden. Doch auch dieses Argument zieht nicht: Für die Kindergärten seien die Kommunen zuständig, heißt es, das Familienministerium könne deshalb ohnehin keine entsprechende Weisung herausgeben. Dennoch sei man natürlich daran interessiert, den Dialekt zu fördern, sagt die zuständige Ministerin Christine Haderthauer (CSU), das sei auch im Bildungs- und Erziehungsplan so festgelegt.

Obermeier versteht den Umgang mit dieser in seinen Augen brisanten Frage nicht: Beim Kampf um den Dialekt gehe es nicht um eine folkloristische Spinnerei: Eine Studie der Universität Oldenburg habe jetzt sogar gezeigt, dass Dialekt sprechende Kinder weniger Rechtschreibfehler machen, als solche, die ausschließlich Hochdeutsch sprechen.