Ingolstadt
Strafbefehl nach dem Jagddrama

Im März hat 68-jähriger Tiroler einen Jagdkameraden erschossen, nun soll er wegen fahrlässiger Tötung 4500 Euro zahlen

06.08.2013 | Stand 02.12.2020, 23:49 Uhr

In dieser Ansitzhütte am Weiherbach beim Burgheimer Ortsteil Leidling war Anfang März ein 45-jähriger Jäger aus Tirol tödlich von einer Kugel getroffen worden, die ein Freund von einem Bauwagen aus abgefeuert hatte. Die beiden Männer waren auf der Wildschweinjagd. Inzwischen ist die Hütte abgebaut worden, auch der Bauwagen steht nicht mehr am Waldrand. Der Schütze soll nun wegen fahrlässiger Tötung eine Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu je 25 Euro zahlen - Fotos: Rein

Ingolstadt/Neuburg (DK) Die Justiz setzt den Schlusspunkt unter den tragischen Jagdunfall von Burgheim bei Neuburg. Der 68-jährige Österreicher, der Anfang März seinen Kameraden erschossen hatte, erhält wegen fahrlässiger Tötung einen Strafbefehl über 4500 Euro.

Die Staatsanwaltschaft Ingolstadt hat den Strafbefehl beantragt, das Amtsgericht Neuburg hat ihn bereits erlassen. Nun geht er per Post an den 68-jährigen Beschuldigten im Tiroler Pitztal. 180 Tagessätze zu 25 Euro soll der Mann zahlen. Mit einem Einspruch wird nicht gerechnet. Erst in diesem Fall käme es zu einer Gerichtsverhandlung in Neuburg.

Das Jagdgewehr des Tirolers zieht die Justiz ein. „Der Schuss ist mit absoluter Sicherheit aus diesem Gewehr abgegeben worden, das steht für uns fest“, erklärt der Leitende Oberstaatsanwalt Helmut Walter. Sämtliche Untersuchungen und das ballistische Gutachten ließen kein anderes Ergebnis zu.

Mit der deutlichen Höhe von 180 Tagessätzen ahnden Staatsanwalt und Gericht „die Schwere der Pflichtverletzung“. Die Tagessatzhöhe liegt mit 25 Euro für den Rentner niedrig. Der 68-jährige Jäger schoss nach eigener Aussage aus einem Bauwagen am Waldrand, während sein 45-jähriger Kamerad 360 Meter entfernt schräg gegenüber in einer Ansitzhütte saß. Allein diese Konstellation mit gegenläufigem Ansitz entspreche nicht den Sicherheitsregeln, „das muss jedem Jäger bekannt sein“, so Behördenchef Helmut Walter.

Außerdem dürfe nur in gesicherter Richtung mit einem „Kugelfang“ im Hintergrund geschossen werden. Das Drama am Leitenbach zwischen den beiden zu Burgheim gehörenden Dörfern Straß und Leidling habe seinen Lauf genommen, weil diese klaren Grundregeln nicht beachtet worden seien. Der Strafbefehl schließe den Unglücksfall rechtlich ab, so der Oberstaatsanwalt, mit der moralischen Schuld müsse der Schütze fertig werden.

Die beiden Tiroler Jäger kannten sich seit zehn Jahren und waren mehrmals gemeinsam auf Wildschweinjagd in Leidling gewesen. „Das waren Freunde, einen Streit habe ich zu keiner Zeit bemerkt“, erzählt ein Reviernachbar. Den Jagdschein dürfte der Unglücksschütze verlieren, wenn der Strafbefehl rechtskräftig wird.

Ungeklärt bleibt wohl, ob der 68-Jährige nach dem Schuss, den er nachts zwischen ein und drei Uhr abgegeben habe, mit der Nachschau wirklich bis zum Morgengrauen gewartet hat. Oder hat er doch früher nachgesehen und die Katastrophe entdeckt? Der 45-jährige Freund war in den Bauch getroffen worden und innerlich verblutet. Nach Einschätzung von Medizinern wäre er auch bei sofortiger notärztlicher Behandlung nicht zu retten gewesen.

Die „äußerst unglücklichen Umstände“, wie Kripo und Staatsanwalt immer wieder betonten, sind begründet in der großen Distanz von 360 Metern und im spitzen Schusswinkel. Die Kugel müsse das stehende Opfer durch den vorderen Ausguck getroffen haben. In den Wänden der Erdkanzel fand sich kein Einschuss.

Im Leidlinger Revier ist nichts mehr geblieben, wie es war. Die Kanzel ist zerlegt worden, die alten Hochsitze und der Bauwagen sind weg. Der Jagdpächter aus Augsburg hat das Revier aufgegeben und einem Freund überlassen. Er hat einen Pensionär aus Rain als Jäger beauftragt, der bei Bedarf schnell an Ort und Stelle sein kann.

Im Sommer seien in Leidling fünf Wildschweine erlegt worden, wissen Reviernachbarn. Frischlinge und sogenannte Überläufer dürfen ganzjährig bejagt werden. Landratsamt und Hegeringe drängten auf revierübergreifende Jagden, um Schäden in der Landwirtschaft niedrig zu halten. Die erste größere Gemeinschaftsjagd zwischen Sinning, Leidling, Straß und Unterhausen ist auf 2. November terminiert.

Neuburgs Landrat Roland Weigert, selbst Waidmann, verlangte nachdrücklich größte Sorgfalt bei der Jagdausübung. Der ehemalige Pächter aus Augsburg reagierte empfindlich auf die harte Kritik und hat den Landrat auf Unterlassung verklagt. Dabei geht es auch um das Jagdhaus am westlich gelegenen Hügel. Wenn keine klare Nutzung als Abstellhütte zur Bewirtschaftung nachgewiesen werden könne, will das Landratsamt Neuburg-Schrobenhausen die Beseitigung verfügen, hieß es.