Ingolstadt
Rentner fühlen sich abkassiert

Geschädigte von Direktversicherungen treffen sich am 21. Januar in Ingolstadt zum Stammtisch

12.01.2017 | Stand 02.12.2020, 18:48 Uhr

Ingolstadt (DK) Sie sind ziemlich wütend auf die Politik, denn sie fühlen sich um ihr sauer verdientes Geld betrogen: Die Mitglieder des Vereins der Geschädigten von Direktversicherungen treffen sich erneut in Ingolstadt, um sich auszutauschen und die weitere Strategie zu beraten.

Am Samstag, 21. Januar, soll ab 14 Uhr im Gasthaus Sudpfanne (Manchinger Straße 95) ein Stammtisch stattfinden. Auch Nichtmitglieder können kommen, heißt es.

Zum Hintergrund: Seit Inkrafttreten des Gesundheitsmodernisierungsgesetzes im Jahr 2004 - damals von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) und Horst Seehofer (CSU) ausgehandelt - müssen Rentner auf Bezüge aus Direktversicherungen zum Teil den doppelten Krankenversicherungsbeitrag entrichten. Da sind schnell einige Tausend Euro beisammen, die über zehn Jahre verteilt abgestottert werden. Es kann sogar vorkommen, dass Versicherte am Ende draufzahlen. Für viele Betroffene, die nichts von dieser auch für Altverträge geltenden Regelung gewusst haben, ist es ein totaler Schock: Mitunter fehlt plötzlich Geld, das zur Finanzierung des Eigenheims oder zur Altersvorsorge fest eingeplant war.

Der Verein der Direktversicherungsgeschädigten empfindet diesen "Zwangsbeitrag" als Enteignung und Betrug am Bürger und fordert von der Politik, diese Regelung endlich abzuschaffen. Unterstützung fanden die Rentner bisher nur bei der Linken, deren Vorstoß zu einer Gesetzesänderung im vorigen Jahr am Widerstand der anderen Fraktionen scheiterte.

Doch die Vereinsmitglieder lassen sich davon nicht entmutigen. "Das ist das größte Unrecht in der Geschichte der Sozialpolitik", sagt Kurt Lindinger, einer der Aktivisten aus der Region. Zurzeit lägen zehn Verfassungsbeschwerden beim Bundesverfassungsgericht zur Klärung vor. "Leider werden die abgeschlossenen Direktversicherungen nach wie vor in einen Topf geworfen und unabhängig der tatsächlichen Fakten als Betriebsrenten deklariert", kritisiert er. "Jährlich kommen zirka 240 000 Betroffene hinzu, die bis zur Auszahlung der Versicherung keine Information erhalten, dass sie bei der Auszahlung den vollen Krankenkassenbeitrag zu entrichten haben."

Die Vereinsmitglieder möchten die Zeit vor den anstehenden Wahlen nutzen, um den Druck auf Politiker zu verstärken. Hoffnungen setzten sie aktuell in CDU-Bundestagsabgeordnete Anja Karliczek aus Nordrhein-Westfalen: "Wir sind in guten Gesprächen, um möglichst noch zum Betriebsrentenstärkungsgesetz einen Vorschlag einzubringen gegen die ungerechtfertigte Verbeitragung bei Direktversicherungen", schreibt sie in einer E-Mail an den Verein.

Gegenüber unserer Zeitung betonte Karliczek, Mitglied des Finanzausschusses, eine Rückabwicklung der alten Verträge sei illusorisch. "Aber wir wollen denen ein anständiges Angebot machen, die am ärgsten betroffen sind und doppelt belastet werden." Gemeint seien jene Rentner, die seinerzeit durch eine pauschalierte Lohnsteuer auf die Direktversicherung von der zweiten in die dritte Säule gefallen seien, also von der betrieblichen in die private Altersvorsorge. "Dabei ist es natürlich wichtig, keine neuen Ungerechtigkeiten zu schaffen und im geplanten Betriebsrentenstärkungsgesetz keine alten Fehler zu wiederholen."