Ingolstadt
Permanent unter Spannung

Das Schanzer Racing-Electric-Team entwickelt jedes Jahr in Rekordzeit einen neuen E-Rennwagen

14.03.2018 | Stand 02.12.2020, 16:41 Uhr

Denise Ulrich ist bei Schanzer Racing Electric fürs Kaufmännische zuständig, hilft aber in anderen Bereichen mit - hier steht sie vor der Negativform eines Chassisteils (rechts). Danyal Yitik (links) kümmert sich um die Elektronik der E-Flitzer. Jedes Rad besitzt seinen eigenen Elektromotor (Mitte).

Ingolstadt (DK) Ein E-Auto komplett planen, bauen und startklar machen in nur elf Monaten - unmöglich? Studenten der TH Ingolstadt beweisen das Gegenteil und entwickeln Jahr für Jahr einen Elektrorennwagen, um an Wettbewerben teilzunehmen. Das Projekt findet nicht nur in der Industrie viel Beachtung.

Schanzer Racing Electric nennt sich der Verein hinter diesem engagierten Vorhaben. "Vier frühere Studenten der Technischen Hochschule haben ihn 2010 gegründet", erzählt Denise Ulrich als kaufmännische Leiterin und 2. Vorsitzende. Rund 75 Mitglieder gehören dazu, alle sind an der THI eingeschrieben. Der Verein ist bewusst am Aufbau eines Unternehmens angepasst. "Es gibt die Geschäftsführung, Abteilungsleiter und Chefs für diverse Bereiche wie Business, Mechanik, Elektronik und Software, ", sagt Ulrich.

Die Formula Student als internationaler Konstruktionswettbewerb für Studenten hatte die Gründer damals animiert, den Verein Schanzer Racing Electric ins Leben zu rufen. Die Teilnahme an den Rennen ist bis heute erklärtes Ziel der Mitglieder, insbesondere am jährlichen Event der Formula Student Germany auf dem Hockenheimring. Auch an ähnlichen Veranstaltungen in Österreich und Italien nahmen sie schon teil.

Der Weg dorthin ist steinig. "Die Saison beginnt für uns im September, noch bevor das Semester startet", sagt Denise Ulrich. "Dann ziehen wir erst mal Bilanz: "Was war letztes Jahr gut, was nicht? Was müssen wir ändern" Heuer soll der E-Flitzer abspecken, das letzte Modell - nach dem Vereinsnamen und dem Baujahr "SRe17" genannt - war mit 250 Kilogramm zu schwer. "Um die 200 wären gut." Das Reglement der Formula Student gibt vieles vor, nicht zuletzt der Sicherheit wegen.

An der THI arbeiten junge Menschen aller möglichen Studienrichtungen an dem kleinen E-Flitzer mit: Maschinenbauer, Informatiker, Elektrotechniker, Mechatroniker, Wirtschaftsinformatiker und andere. Aller Anfang beginnt in den Köpfen, die Ideen nehmen dann über rechnerunterstützte Konstruktionsprogramme nach und nach Gestalt an. Derweil ist es Mitte Oktober geworden, die Entwicklung läuft neben dem Studium weiter - da gehört viel Idealismus dazu. Sponsoren unterstützen die jungen Leute, stellen anhand deren Vorgaben die Negativformen her, aus denen schließlich in wochenlanger mühseliger Arbeit mit Matten und Kunstharz das Chassis entsteht: ein Monocoque.

Wie verhält sich diese "Haut" im Fahrtwind? Welche Festigkeit hat sie? "Das Chassis muss gewisse Kräfte aushalten, das wird alles abgenommen", erläutert Denise Ulrich. Am Computer simulieren die Konstrukteure alle möglichen Situationen und bessern bei Bedarf nach. An Weihnachten sollte diese Phase abgeschlossen sein. Drei Wochen später, mitten in der Prüfungszeit, müssen sich die Schanzer Racer per Online-"Registrierungsquiz" für die Formula-Student-Rennen qualifizieren. Der bisherige Aufwand hat sich gelohnt, das sechstägige Spektakel in Hockenheim findet im August wieder mit Ingolstädter Beteiligung statt.

Nun müssen die Studenten aber noch das aktuelle Modell "SRe18" fertigstellen. Abends, am Wochenende und in den Ferien schrauben und konstruieren sie weiter "wie die Wilden", im Mai erfolgt die erste Präsentation für Freunde und Familien der Mitwirkenden, Vertreter der Hochschule und der Sponsorfirmen. Danach folgen Probefahrten und Feinabstimmungen. Stimmt die Batteriekühlung? Muss die Software angepasst werden? Nichts bleibt dem Zufall überlassen.

Jeder hilft dem anderen, "man lernt, das große Ganze zu sehen", sagt David Debus (21), der am Fahrwerk mitarbeitet. Danyal Yitik (22) schätzt vor allem das "praxisorientierte Arbeiten". Teamwork, miteinander Spaß haben, etwas lernen heißt das Motto. Gegeneinander geht es nur auf der Kartbahn, wo die Schanzer Studenten ihre vier Piloten ermitteln. Wer passt überhaupt ins überaus enge Cockpit des E-Flitzers? Wer macht es fahrtechnisch am besten? Das Vorjahresmodell brachte es auf 100 "Sachen" in unter vier Sekunden.

Sorgen um ihre Zukunft müssen sich die Nachwuchskonstrukteure nicht machen. Wer so engagiert bei der Sache ist und nebenher Großes leistet, gilt in der freien Wirtschaft nach dem Abschluss als gefragte Kraft.