Ingolstadt
Limburg und die Konsequenzen

19.11.2013 | Stand 02.12.2020, 23:24 Uhr

„In der Wirkung begrenzt sich der Vorgang in Limburg nicht auf die dortige Diözese“: Alois Glück in Ingolstadt im Gespräch - Foto: Hauser/DK

Ingolstadt (DK) Die Affäre um den Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst, eine hohe Zahl an Kirchenaustritten, ein nicht immer spannungsfreies Verhältnis zwischen Klerus und Laien: Die katholische Kirche in Deutschland steckt zweifellos in schwierigen Zeiten. Umbruch, Aufbruch und mehr Transparenz sind für Alois Glück, seit 2009 Vorsitzender des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Perspektiven für die Zukunft der Kirche.

Bei einem Treffen in Ingolstadt sprach der CSU-Politiker und frühere Präsident des bayerischen Landtags mit unserer Redakteurin Angela Wermter.

 

Das Verfahren gegen den Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst wegen falscher eidesstattlicher Versicherung über eine Flugreise ist gegen eine Geldauflage von 20 000 Euro vom Tisch. Wird es jetzt ruhiger in der Öffentlichkeit? Der Fall polarisiert ja stark.

Alois Glück: Es ist gut, dass der Sachverhalt wegen der Reisekosten geklärt ist. Auch dass sich Bischof Tebartz-van Elst eindeutig erklärt hat. Aber es bleiben die Fragen, die innerhalb der Diözese Limburg zu klären sind. Da sollten wir jetzt Geduld aufbringen, bis der Bericht der Bischofskommission zu dieser Sache vorliegt.

 

Der Bericht zur Affäre über die auf 31 Millionen Euro explodierten Kosten für den neuen Bischofssitz in Limburg ist für Ende Januar angekündigt.

Glück: Es ist ganz wichtig, dass alle Vorgänge in Zusammenhang mit dem Bauvorhaben in Limburg sorgfältig analysiert werden. Nicht nur was die Rolle des Bischofs betrifft, sondern auch die Rolle anderer. Auch die der beteiligten Gremien. Und es ist ebenso wichtig, dass dieser Bericht in seinem wesentlichen Sachverhalt veröffentlicht wird. Nur so ist es möglich, den jetzt schon blühenden Verschwörungstheorien den Boden zu entziehen. Ansonsten bleibt die Situation in der Diözese Limburg vergiftet. Dann wäre ein Neuanfang, gegebenenfalls auch mit einem neuen Bischof, ganz schwierig.

 

Sie schließen die Rückkehr des Bischofs Tebartz-van Elst aus?

Glück: Aus heutiger Sicht und nach dem, was aus der Diözese zu hören ist, ist es schwer vorstellbar, dass eine Rückkehr möglich ist. Aber man muss zunächst den Bericht abwarten. Und letztlich hat der Papst zu entscheiden. Auf der anderen Seite sollten wir uns auch damit befassen, welche generellen Schlussfolgerungen aus den Erfahrungen in Limburg für die katholische Kirche in Deutschland zu ziehen sind. Denn in der Wirkung begrenzt sich der Vorgang in Limburg ja nicht auf die dortige Diözese.

 

Das zeigt sich wohl auch in den enorm hohen Austrittszahlen, die die deutschen Bistümer vor drei Wochen veröffentlicht haben. Aber kann man die Austrittszahlen allein am Fall Limburg festmachen?

Glück: In der Tat ist es so, und das ist für mich schon überraschend, dass in Hinblick auf die Debatten in der Kirche, außerhalb der Kirche und bei den Kirchenaustritten diese Vorgänge noch gravierender waren als bei der Missbrauchsdebatte. Das hängt wahrscheinlich damit zusammen, dass sich eine Art generalisierende Einschätzung breitmachte, wie etwa: die Kirche hat viel Geld, in der Kirche ist alles intransparent. Damit muss man sich jetzt auseinandersetzen und fragen, welche Schlussfolgerungen zieht man vonseiten der Kirche im Hinblick auf die Transparenz der Kirchenfinanzen? Im Hinblick auf die Bedeutung qualifizierter Gremienarbeit? Im Hinblick auf die Frage der inneren Führungskultur einer Diözese.

 

Limburg hat weitreichende Folgen?

Glück: Es zeichnet sich ab, dass auch durch die Vorgänge in Limburg – selbst wenn kein unmittelbarer Zusammenhang besteht – die Bedeutung der Staatsleistungen intensiv zur Diskussion kommt. Und letztlich auch das Verhältnis zwischen Staat und Kirche. All das muss man kirchlicherseits offen aufnehmen und dann nach tragfähigen Lösungen suchen – innerkirchlich, gegenüber der Öffentlichkeit und in der weiteren Gestaltung im Verhältnis Staat und Kirche.

 

Als Vorsitzender des Zentralkomitees der deutschen Katholiken sind Sie stark eingebunden in die Arbeit der katholischen Laienverbände. Denken Sie da an eine stärkere Positionierung der Laien innerhalb der Kirche? Auf nationaler wie auf internationaler Ebene?

Glück: Angesichts der Entwicklung, was die Zahl der Priester betrifft, wird die Kirche in weiten Teilen der Gesellschaft nur noch gegenwärtig sein können, wenn Laien – die ja Getaufte und Gefirmte sind und nicht Amateure des Glaubens – dort auch den Glauben vertreten. Wenn die Kirche durch die Laien präsent ist. Wenn Laien Aufgaben übernehmen, die bislang von Priestern gestaltet wurden, zu deren Ausführung aber nicht unbedingt eine Priesterweihe nötig ist.

 

Also eine stärkere Einbindung der Laien?

Glück: Papst Franziskus spricht eindringlich und immer wieder an, was Papst Benedikt XVI. einmal so formuliert hat: Die Laien sollen künftig nicht mehr nur Mitarbeiter des Klerus sein, sondern Mitverantwortliche für die Sendung und den Weg der Kirche. Das erfordert natürlich andere Formen der Zusammenarbeit, eine – bei aller Unterschiedlichkeit der Aufgabenstellung – partnerschaftliche Zusammenarbeit.

 

Es braucht ein engeres Miteinander von Klerus und Laien?

Glück: Auf Dauer werden wir lebenstüchtige Menschen mit Gestaltungskraft in verschiedenen Feldern der Gesellschaft nicht für die kirchliche Mitarbeit gewinnen, wenn sie nur unverbindliche und womöglich folgenlose Ratschläge geben können. Sie sollten Mitverantwortliche sein und sehen, dass sich ihr Engagement auch konkret umsetzen lässt.

 

Sie sprechen von Männern und Frauen?

Glück: Natürlich. Die Rolle der Frauen in der Kirche muss gestärkt werden. Auch in Führungspositionen hinein, bis hin zu Aufgaben in der Verkündigung. Für die Zukunft der Kirche ist ganz wesentlich, dass Frauen der Weg in prägende Aufgaben der Kirche geöffnet wird.