Ingolstadt
Jagdgegner gewinnen vor Gericht

Zwei Tierschützer aus Franken wehren sich erfolgreich dagegen, dass auf ihren Grundstücken Wild geschossen wird

05.02.2013 | Stand 03.12.2020, 0:32 Uhr

Ingolstadt (DK) Roland Dunkel ist erleichtert. Auf seinem Grundstück dürfen keine Tiere mehr erschossen werden, wenn er es nicht will. „Ab April wird mein Grund vorerst jagdfrei sein“, sagt er. Dunkel wohnt in Frankenbrunn im nördlichen Unterfranken. Am Ortsrand besitzt er eine Wiese – und ist deshalb laut Gesetz Mitglied in der Jagdgenossenschaft. Bisher musste er die Jagd auf seinem Grund dulden. Dagegen hat er geklagt. Und recht bekommen.

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat vergangene Woche entschieden, dass auf Dunkels Wiese vorläufig nicht mehr gejagt werden darf. Auch eine Grundstücksbesitzerin aus Würzburg muss die Jagd nicht mehr zulassen.

Beide Fälle hat Rechtsanwalt Dominik Storr aus Neustadt am Main vertreten. Von einem „riesigen Erfolg“ spricht er und findet, der Verwaltungsgerichtshof habe damit „Rechtsgeschichte“ geschrieben: „Zum ersten Mal gelingt es einem ethischen Jagdgegner, sein Grundstück gegen den Willen der Behörden jagdfrei zu stellen.“ Dunkel könne es als Tierschützer und Vegetarier nicht mit seinem Gewissen vereinbaren, dass Jäger sein Grundstück betreten und dort Tiere töten.

Die Geschichte des Rechtsstreits geht bis 1999 zurück. Damals entschied der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in einem Fall in Frankreich: Die Zwangsmitgliedschaft in Jagdgenossenschaften verstoße gegen die Europäische Menschenrechtskonvention. Zum gleichen Ergebnis kam der Gerichtshof 2007 in einem Fall in Luxemburg – und 2012 auch bei deutschen Klägern. „Bis dahin haben uns alle belächelt und gesagt, bei uns wäre die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht anwendbar“, sagt Storr. „Die Behörden versuchen, diesem Thema aus dem Weg zu gehen.“ Doch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof entschied, „dass die Einbindung in eine Jagdgenossenschaft für einen Grundeigentümer, der die Jagd aus ethischen Gründen ablehnt, eine unverhältnismäßige Belastung darstellt“.

Roland Dunkel ist in Frankenbrunn aufgewachsen. „Hier gehört die Jagd dazu wie die Kirche zum Dorf“, sagt er. „Aber ich möchte die Gewissheit haben, dass auf meinem Grundstück keine Tiere erschossen werden.“ Seit vielen Jahren ist Dunkel im Tierschutz aktiv. „Jetzt bin ich erst mal zufrieden. Aber entscheidend wird sein, was im Jagdgesetz steht.“ Denn der Kampf ist noch nicht vorbei. Jetzt muss die europäische Rechtsprechung in deutsches Recht umgesetzt werden. Der aktuelle Gesetzentwurf sieht vor, dass Jagdgegner, die aus der Genossenschaft austreten, an die Jäger eine Entschädigung zahlen müssen. Falls das Gesetz tatsächlich so beschlossen wird, wird Anwalt Storr auch dagegen kämpfen – mit seinen Mitteln: „Klagen, klagen, klagen.“