Ingolstadt
"Ich bin nach wie vor im Glauben fest"

19.05.2010 | Stand 03.12.2020, 4:00 Uhr
Sonderermittler Sebastian Knott während einer Pressekonferenz. −Foto: Spindler

Ingolstadt (DK) "Ich bin nach wie vor im Glauben fest", betont Sebastian Knott, der als Sonderermittler die Missbrauchsvorwürfe gegen den ehemaligen Bischof Walter Mixa aufklärte. Mit dem DONAUKURIER sprach der Rechtsanwalt nun erstmals detailliert über die schwierige Suche nach der Wahrheit.

Die großen Fenster in dem Büro am Ingolstädter Rathausplatz, das picobello aufgeräumt und modern eingerichtet ist, geben den Blick frei auf das Herz der Schanz: Der Balkon des Oberbürgermeisters ist nur einen Steinwurf entfernt. An der Wand neben dem Schreibtisch hängt ein großes Jazz-Kunstwerk, gegenüber ein Portrait von Professor Hans-Jürgen Becker, dem ehemaligen Lehrstuhlinhaber für Kirchenrecht an der Uni Regensburg. "Mein Doktorvater schaut mir immer über die Schulter", sagt Sebastian Knott, der über die bayerische Rechtsgeschichte promoviert hat.
 
So dreht sich der Bericht, den der 34-jährige Rechtsanwalt dann aus einem Wandschrank holt, wie zuvor seine Doktorarbeit um die Bestrafung von Menschen. Und Knotts Dossier hat wirklich Geschichte geschrieben: Schwere körperliche Züchtigungen wirft der Sonderermittler darin dem zurückgetretenen Bischof von Augsburg vor. Auch die finanziellen Unregelmäßigkeiten von Walter Mixa hat der Anwalt im Auftrag der Schrobenhausener Waisenhausstiftung akribisch untersucht und aufgedeckt. "Es sind mir keine Steine in den Weg gelegt worden", lobt der Sonderermittler. "Ich hatte Einblick in alle Unterlagen, zum Beispiel in die lückenlos vorhandenen Kontoauszüge", sagt Knott und betont, dass von keiner Seite Einfluss auf ihn genommen worden sei.
 
Mit Mixa selbst konnte Sebastian Knott trotz mehrerer Bitten um Audienz nicht sprechen. Die Erklärungen des ehemaligen Stadtpfarrers von Schrobenhausen wurden von einem Münchner Rechtsanwalt übermittelt. Dafür hatte Knott mit den meisten Misshandlungsopfern Kontakt. Fast alle befragte er persönlich, einige am Telefon oder schriftlich. "Die Vorwürfe sind glaubwürdig", betont der Ingolstädter, der hier geboren und aufgewachsen ist. "Es hat keinen Ansatzpunkt dafür gegeben, dass jemand gelogen hat." Wenn ihm allerdings der Belastungseifer eines der Opfer auffällig vorkam, hat er das so auch im Bericht gekennzeichnet.
 
Zur Glaubwürdigkeit trägt aus der Sicht des Sonderermittlers auch die Motivation der Mixa-Opfer bei. "Sie standen anfangs ganz allein gegen diesen großen Apparat und niemand hat ihnen geglaubt", verdeutlicht Knott den Kampf David gegen Goliath. Sein Abschlussbericht, das haben ihm die Opfer geschrieben, habe ihnen daher sehr geholfen. "Die Öffentlichkeit weiß jetzt, dass wir es waren, denen Unrecht geschehen ist", zitiert Sebastian Knott, der nur vorerst einen Schlussstrich unter die Akte Mixa gezogen hat. "Wenn es weitere Opfer gibt, werde ich meine Ohren nicht verschließen."

Auf die Frage, ob Mixa auch in seiner Amtszeit als Eichstätter Bischof gefehlt hat, antwortet Knott nicht direkt: "Ich hatte nur den Auftrag, die Vorfälle in Schrobenhausen zu untersuchen", stellt der Anwalt klar. Aber natürlich habe es "rechts und links" weitere Hinweise gegeben, die er allerdings nicht weiter verfolgen konnte. Als Mensch steht er dem gefallenen Geistlichen "emotionslos" gegenüber. Weder Hass noch Mitleid hätten seine Untersuchung geprägt. Die Rolle als Sonderermittler, betont Knott, "ist auch kein Beruf". Vielmehr habe ihn die Stiftung als unabhängigen, externen Fachmann für Recht und Finanzfragen ausgewählt.

Als er den Job Anfang April übernahm, hat er sich die Entscheidung nicht leicht gemacht. In Abstimmung mit seiner Lebensgefährtin – "bei einem Salat in einem Ingolstädter Café" – habe er schließlich die "verantwortungsvolle" Aufgabe übernommen. Anfeindungen gab es deshalb keine, hebt Sebastian Knott hervor.

Als ehemaliger Ministrant hat der gläubige Katholik auch das Grundwissen für die Ermittlungen mitgebracht. In sein regelmäßiges Abendgebet nahm er in den vergangenen Wochen jedoch einen großen Wunsch auf: "Herr, lenke meine Schritte."

Der CSU-Politiker und Ortsvorsitzende in Ingolstadt hat auch einen guten Rat für Täter parat: "Wer mit dem Vorwurf konfrontiert wird, Menschen einen Schaden zugefügt zu haben, sollte in erster Linie an die Opfer denken und Mitleid haben." Die Geschädigten selbst zu beschuldigen, so Sebastian Knott, "ist der falsche Weg". Seine eigene Religiosität hat die Affäre Mixa im übrigen nicht berührt: "Ich bin nach wie vor im Glauben fest," unterstreicht der junge Jurist aus Ingolstadt.