Ingolstadt
Die Überraschung hält sich in Grenzen

Für Ingolstädter Politiker kommt Haderthauers Abgang nicht unerwartet – CSU-Vertreter beklagen öffentlichen Druck

01.09.2014 | Stand 02.12.2020, 22:17 Uhr

Ingolstadt (DK) In Christine Haderthauers Heimatstadt Ingolstadt ist ihr Rücktritt in politischen Kreisen mit gemischten Gefühlen aufgenommen worden. Für ihren Vorgänger als Ingolstädter CSU-Stimmkreisvertreter in München, den früheren Innenstaatssekretär Hermann Regensburger, war Haderthauers Schritt zu diesem Zeitpunkt nicht mehr unerwartet: „Ich habe befürchtet, dass es dazu kommen wird.“ Es sei allerdings „unmöglich“, dass der Rücktritt durch öffentlichen Druck „in diesem Stadium“ erzwungen worden sei, in dem die juristischen Fragen der Affäre durch die Staatsanwaltschaft noch gar nicht geklärt seien.

Regensburger: „Ich hätte mich gefreut, wenn beide – Frau Haderthauer und der Ministerpräsident – das erst mal noch durchgestanden hätten.“

Auch Ingolstadts CSU-Kreisvorsitzender Hans Süßbauer zeigte sich nicht mehr überrascht, aber deprimiert über die Gesamtumstände: „Offenbar kann inzwischen jeder Prominente aus Politik und Wirtschaft zum Rücktritt gezwungen werden – das ist schon ein richtiger Sport geworden.“ Süßbauer erinnerte an den Fall Wulff: „Mal sehen, was die Öffentlichkeit sagt, wenn letztlich nichts bewiesen werden sollte.“

Den Vorsitzenden der Ingolstädter SPD-Stadtratsfraktion und früheren Landtagsabgeordneten Achim Werner hat der Rücktritt der Staatskanzleichefin nicht überrascht, wie er erklärt: „Es hätte nur eigentlich viel früher passieren müssen. Ich kann Horst Seehofer nicht verstehen, dass er so lange an ihr festgehalten hat.“ Auch wenn es menschlich nicht leicht gewesen sei: „Die Faktenlage war eindeutig.“ Die juristische Dimension der „Sapor“-Affäre sei für ihn gar nicht entscheidend gewesen, sagt Werner, sondern die moralische. Schließlich habe Christine Haderthauer ihr Engagement mit reinem Idealismus erklärt. „Politisch ist die Sache jetzt erledigt“, sagt Werner. Nun sei die Staatsanwaltschaft gefragt. Und Christine Haderthauer? „Sie wird jetzt viel mehr Zeit haben – und die sollte sie auch nutzen, um darüber nachzudenken, ob ihr Verhalten einer Spitzenpolitikerin würdig ist“, sagt Werner. „Bislang hat sie ja überhaupt keine Einsicht gezeigt.“

Joachim Genosko, Chef der Ingolstädter CSU-Rathausfraktion, hatte nach eigenen Angaben damit gerechnet, dass Haderthauer erst das Ergebnis der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen abwartet. „Allerdings ist der Druck durch die Medien immer stärker geworden.“ Deshalb habe die Ministerin zuletzt wohl überlegt, wie lange sie sich dem Ganzen noch aussetzen soll. Genosko hatte in den vergangenen Wochen keinen direkten Kontakt mit der Ingolstädter Abgeordneten. Momentan geht er davon aus, dass sich an ihrem Stadtratsmandat nichts ändern wird.

Der CSU-Bundestagsabgeordnete Reinhard Brandl betont, die Gründe für Haderthauers Rücktritt lägen außerhalb ihrer Arbeit in der Staatsregierung. Er hoffe, „dass die Vorwürfe sich nach rechtsstaatlicher Prüfung in Luft auflösen und sie die Chance auf eine Rückkehr auf die große Bühne bekommt“, schreibt er in einem sozialen Netzwerk.