Ingolstadt
Der Sprinter und die Madonna

Olympiasieger Armin Hary und seine Familie streiten vor Gericht um Eigentumsrecht an Gemälde

27.03.2017 | Stand 02.12.2020, 18:25 Uhr

Foto: Stefan Eberl

Ingolstadt/Pfaffenhofen (DK) Kurioser Rechtsstreit vor dem Ingolstädter Landgericht: Die Familie des Olympiasiegers Armin Hary (Rom 1960: Gold über 100 Meter) versucht, das Eigentum an einem angeblichen Gemälde von Leonardo da Vinci zu erlangen. Beklagter ist ein vormaliger Galerist aus Pfaffenhofen.

Zwei prominente Namen aus ganz unterschiedlichen Metiers und Epochen - das lässt aufhorchen: Eine deutsche Sportlegende will mit einem Richterspruch die Rechte an einem Madonnenporträt erlangen, das möglicherweise vom italienischen Universalgenie der Renaissance stammt und dann zig Millionen Euro wert wäre. Wie konnte es dazu kommen?

Diese Story ist so lang und facettenreich, dass allein der seit 2013 in Ingolstadt laufende Prozess mittlerweile drei dicke Gerichtsakten füllt. Die Vorsitzende Richterin Heike Linz-Höhne sprach gestern von einem "juristisch sehr interessanten" Fall. Wohin sich Justitias Waage neigen wird, will sie aber erst am 8. Mai verkünden. Als sehr wahrscheinlich gilt jedoch, dass die abgewiesene oder unterlegene Partei danach in Berufung gehen wird.

Armin Hary, gerade 80 geworden, verfolgte das Verfahren gestern mit Prozessvollmacht als Vertreter seiner Tochter - die eigentliche Klägerin. Das Eigentum an dem in jeder Hinsicht umstrittenen Gemälde zugesprochen zu bekommen, ist für den Olympiasieger und seine Familie eher Mittel zum Zweck: "Ich möchte endlich mein Geld zurückhaben", sagte der frühere Weltrekordler, der jetzt in der Nähe von Landshut lebt, am Rande der Verhandlung. Denn Harys Familie, namentlich seine Frau, hatte dem im Pfaffenhofen beheimateten früheren Galeristen Ingo Bubenik vor fast 30 Jahren angeblich mehrere Bilder in Kommission überlassen, die - so steht es in den Gerichtsakten - einen Erlös von 390 000 Euro bringen sollten. Die Harys sahen dieses Geld aber offenbar nie, weil die Münchner Galerie Ende der 80er-Jahre mit hohen Schulden aufgegeben wurde.

Fortan versuchte man, den Betrag über die Insolvenzmasse einzutreiben, die aber wohl überschaubar blieb. Lediglich das angeblich von Leonardo da Vinci gemalte Madonnenbild versprach (bei erwiesener Echtheit sogar immensen) Wert. Es war seinerzeit, Anfang der 90er-Jahre, mit diversen Pfandsiegeln ("Kuckucks") versehen zur Verwahrung ins Depot der Münchner Pinakotheken gewandert, wo es sich noch heute befindet, wegen bevorstehender umfangreicher Gebäudesanierungen aber besser bald abgeholt werden sollte - von welchem gerichtlich festgestellten Eigentümer auch immer.

Ex-Galerist Bubenik sieht sich indes immer noch als Eigentümer. Er hatte nach einem 2011 mit der Familie Hary geschlossenen Vergleich zwei Jahre lang versucht, das mutmaßliche Meisterwerk teuer auf dem Kunstmarkt oder an Museen zu veräußern, blieb damit aber erfolglos. Für Richterin Linz-Höhne ein Hinweis darauf, dass auch mit Anlageobjekten letztlich immer nur der Erlös erzielt werden kann, den der Markt zum aktuellen Zeitpunkt hergibt. Und bei einem Gemälde, dessen Echtheit unter Experten umstritten ist, ist das umso unsicherer.

Wie auch immer: Der frühere Galerist möchte nicht seine Eigentumsrechte an einem eventuell viele Millionen schweren Gemälde verlieren, die Familie Hary über das Objekt der Begierde endlich verfügen können, um es zu Geld machen zu können. Der von beiden Seiten verbissen geführte Kampf - gestern blafften sich die Anwälte der Parteien wiederholt heftig an - wird nun erst am 8. Mai (vorläufig) entschieden.