Ingolstadt
Integration durch Studieren

Campus für Flüchtlinge der Technischen Hochschule Ingolstadt startet im Herbst in Neuburg

15.04.2016 | Stand 02.12.2020, 19:57 Uhr
Im Studienzentrum Neuburg werden die Sprach- und Integrationskurse während der Pilotphase stattfinden. −Foto: Schanz

Ingolstadt (DK) Eine möglichst schnelle Integration der Flüchtlinge ist eine der zentralen Aufgaben hierzulande. Die Technische Hochschule Ingolstadt (THI) geht dabei einen wichtigen Schritt voran - mit dem geplanten Campus für Flüchtlinge in Neuburg.

"Wir finden, es wird zu wenig für echte Integration getan", sagte Vizepräsident der THI, Thomas Doyé. "Wir als Hochschule wollen hier unserer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht werden." Denn viele Flüchtlinge kommen, um hier zu leben, zu lernen, zu studieren und zu arbeiten.

Zum Wintersemester wird nun die Pilotphase mit zwei Gruppen zu je 20 bis 25 Studierenden im Neuburger Studienzentrum starten. Mittelfristig soll auf dem Gelände der Lassignykaserne ein Ort zum Wohnen und Studieren für rund 500 Menschen entstehen. In Neuburg finden die Pläne Unterstützung, sowohl Oberbürgermeister Bernhard Gmehling als auch Landrat Roland Weigert stehen hinter dem Campus und sind in regelmäßigem Austausch mit der Hochschule.

Die Vorbereitungen sind weit gediehen. Im ersten Semester sollen durch Sprachkurse - vor allem Deutsch -, Integrationskurse und Schnuppervorlesungen in Betriebswirtschaftslehre und Maschinenbau die Grundlagen fürs Studium gelegt werden. "Während der nächsten drei Semester erfolgt das Modulstudium - zunächst noch in Englisch, ab dem fünften Semester dann in Deutsch", sagt Doyé. Ziel sei es, die Absolventen so zu qualifizieren, dass sie von der Arbeitswelt gut angenommen werden.

Dafür muss zunächst nach studiengeeigneten, jungen Menschen gesucht werden. Das wäre einfacher, als viele denken, wenn bei der Einreise nach Deutschland die Bildungshistorie erhoben würde. Daten, auf die die Hochschule zurückgreifen könnte. "Dabei muss ein Originaldokument vorliegen, des Weiteren genügen Kopien oder auch Fotos von Zeugnissen, um die Hochschulzugangsberechtigung zu prüfen", erklärt der kommissarische THI-Projektleiter Christopher Reuter. Falls diese Dokumente fehlen, werden die entsprechenden Qualifikationen durch Studierfähigkeits- und Deutschtests geprüft.

Bedenken, dass zu wenig geeignete Flüchtlinge gekommen sind, haben Doyé und Reuter nicht: "Mithilfe von Fragebögen und Infoveranstaltungen wurde der Bedarf in Aufnahmeeinrichtungen in Neuburg und im Landkreis Eichstätt bereits abgefragt. Und der Bedarf besteht." Wichtig wäre ihrer Meinung nach, dass studierfähige Interessenten gleich bei der Einreise der Region zugewiesen würden.

Geplant ist das Pilotprojekt für Flüchtlinge, die zumindest einen Duldungsstatus besitzen und am besten schon ein Studium in ihrem Heimatland begonnen hatten, sowie entsprechende Seminarscheine, Zeugnisse und Englischkenntnisse vorweisen können. "Das ist alles ganz genau geregelt", so Reuter.

Für die Hochschule ist ein eigener Campus für Flüchtlinge zwar Neuland, "aber wir haben hier ja schon Erfahrungen aus unserem laufenden MBA-Studiengang für Migranten", erzählt Doyé. Immer wieder stoßen die Initiatoren allerdings auf rechtliche Probleme und Fragen. "Doch bei all den Schwierigkeiten glauben wir, dass wir jetzt handeln müssen, denn je länger wir die Integration hinauszögern, desto größer werden die sozialen Spannungen." Die THI sieht ihr Engagement auch als wichtige Entwicklungshilfe, "denn selbst wenn die Menschen nach dem Studium zurückgehen, können sie mit ihrer Qualifikation helfen, ihr Land wieder aufzubauen."

Noch laufen Gespräche mit Firmen und Institutionen, um den Campus auf mehrere Beine zu stellen. "Wir denken zum Beispiel über eine Art duales Studium nach, bei dem die Flüchtlinge bereits arbeiten und sich Unternehmen und Mensch schon einmal kennenlernen können", sagte Doyé. "Das wäre eine Win-win-Situation, denn wir bekämen besonders engagierte Studenten."

Noch wartet die THI allerdings auf den endgültigen Finanzierungsbescheid aus dem Ministerium. Die ersten Sprachkurse finanziert der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) mit 50 000 Euro.