Ingolstadt
"Agrarpolitik ist Gesellschaftspolitik"

Ingolstadts Umweltreferent Rupert Ebner diskutiert auf dem Tollwood ein "Artgerechtes München"

27.11.2015 | Stand 02.12.2020, 20:29 Uhr

Rupert Ebner diskutiert auf dem Tollwood in München - Foto: Schmied

Ingolstadt (DK) Das Münchner Tollwood-Festival setzt auf Bio – und hat darum das Aktionsbündnis „Artgerechtes München“ ins Leben gerufen. Das Ziel: Im Wirkungskreis der bayerischen Hauptstadt sollen künftig nur noch Produkte aus nachweislich artgerechter Tierhaltung zum Einsatz kommen. Wie das gehen kann, soll bei einer Podiumsdiskussion auf dem Tollwood am 1. Dezember um 19.30 Uhr im Weltsalon diskutiert werden. Mit dabei ist der Ingolstädter Grünen-Stadtrat Rupert Ebner.

Herr Ebner, Sie sind Umweltreferent, Tierarzt, engagieren sich für Slow Food und den Bund Naturschutz und betreiben eine Rinderzucht. In welcher Rolle werden sie an der Diskussion teilnehmen?

Rupert Ebner: Ich glaube, die Person Rupert Ebner muss sich nicht aufspalten. In keiner dieser Funktionen gibt es Schnittpunkte, die nicht miteinander vereinbar wären. Der Tierarzt und der Kommunalpolitiker verfolgen Ziele, die der Stadt und dem Gemeinwohl dienen. Teilnehmer der Diskussion bin ich, weil ich lange in München für die Slow-Food-Bewegung tätig war. Jemand aus dem Umfeld der Tollwood-Organisation ist auf mich zugekommen. Kurz nach einem Telefonat, in dem ich quasi gecastet wurde, kam dann die Nachricht: Wir wollen Sie dabei haben.

Freuen Sie sich über die Einladung zur Diskussion?

Ebner: Absolut. Ich kenne die ländlichen Strukturen genau und weiß, dass sich viele Landwirte mit dem System, in dem sie agieren müssen, unwohl fühlen. Sie tun sich schwer, etwas zu ändern. Deswegen ist das städtische Publikum so wichtig. Ich freue mich, dass dieses Thema endlich dort angekommen ist. Agrarpolitik betrifft nicht nur Bauern, sondern ist Gesellschaftspolitik.

Die Diskussion soll sich auch um Folgen der industriellen Massentierhaltung drehen. Welchen Standpunkt werden Sie vertreten?

Ebner: Es geht natürlich darum, dass Veränderungen durch Gesetze bewirkt werden. Gleichzeitig braucht man aber eine Avantgarde, die vorangeht. Die Tatsache, dass man ein Oktoberfestzelt betreibt, würde es dem Inhaber leicht machen, ein Zeichen zu setzen. Bei der Diskussion kommt sicher die Frage: Woher kommt die Ware? Meine Position ist klar: Man muss im Vorfeld mit den Lieferanten reden, ihnen sagen: Wenn du mir artgerecht gehaltenes Geflügel lieferst, gebe ich dir die Sicherheit, dass ich es abnehme. Vielleicht sollte man sogar so weit gehen, dem Zuchtbetrieb eine Investitionshilfe zu geben, damit er ohne Subventionen seinen Betrieb erhalten, ausbauen und nach vorne bringen kann. Das wäre meiner Meinung nach sogar ein Wirtschaftsmodell. Und der Gastronom hätte damit bewiesen, dass er sich seiner gesellschaftlichen Verantwortung bewusst ist.

Wie könnte so etwas in der Praxis aussehen?

Ebner: Der Wiesnwirt soll ganz normal kalkulieren. Der Betrag, der für artgerechte Fleischerzeugung anfällt, kommt erst am Ende dazu. Sprich: Der Schweinebraten kostet bisher 17,50 Euro. Fleisch aus artgerechter Haltung kostet im Einkauf einen Euro mehr – macht 18,50 Euro. Dadurch wird sich am Geschäft überhaupt nichts ändern. Ich bin überzeugt, dass weder Umsatz noch Gewinn dadurch auch nur um einen Cent sinken.

Dem Aktionsbündnis „Artgerechtes München“ geht es darum, dass sich Bayerns Hauptstadt als Biostadt weiterentwickelt. Von welchen Kriterien sprechen wir dabei?

Ebner: München ist die treibende Kraft, was die Biostädte angeht. In Deutschland gibt es bisher 16 Städte, die sich freiwillig Maßnahmen auferlegen und sie schrittweise abarbeiten. Dabei geht es darum, dass in städtischen Einrichtungen nur Biolebensmittel zum Einsatz kommen und dass städtische landwirtschaftliche Betriebe biologisch bewirtschaftet werden. Ein dritter Punkt ist, den Biogedanken über Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit zu vermitteln.

Ingolstadt ist noch keine Biostadt. War braucht es dazu?

Ebner: Einen Stadtratsbeschluss, dass wir der Bewegung beitreten. Bei den riesigen Aufgaben, die Ingolstadt im Moment bewältigen muss, stand das bisher einfach nicht im Fokus. Es braucht Zeit, um den Boden dafür zu bereiten, damit es funktioniert. Ich werde das hartnäckig verfolgen.

Die Fragen stellte

Kathrin Schmied.