Ingolstadt
Agilis fordert Entschädigung

Konkurrenz durch Fernbusse: Bahnbetreiber fährt Millionenverluste ein und will mehr Geld vom Staat

14.09.2016 | Stand 02.12.2020, 19:19 Uhr

Agilis auf Konfrontationskurs: Weil die Zahl der Fahrgäste durch den wachsenden Fernbusmarkt zurückgeht, fordert der Bahnbetreiber höhere Zuschüsse vom Freistaat. ‹ŒArch - foto: Rössle

Ingolstadt (DK) Immer mehr Fahrgäste steigen um - von der Bahn in den Bus. Grund ist in den meisten Fällen der günstigere Ticketpreis. Die Konkurrenz durch Fernbusse setzt auch den Bahnbetreiber Agilis im Freistaat mächtig unter Druck, der nun einen Ausgleich für seine Verluste fordert.

Das Unternehmen, das unter anderem die Strecke zwischen Regensburg und Ulm bedient, spricht von Einbußen im Millionenbereich. Von der Bayerischen Eisenbahngesellschaft (BEG) fordere man daher einen Ausgleich, sagte ein Sprecher der Agilis GmbH gestern in Regensburg. "Es hat aber keinesfalls eine Drohung gegeben, den Bahnverkehr anderenfalls einzustellen", wie es in einigen Medien in den vergangenen Tagen hieß.

Dies bestätigte BEG-Geschäftsführer Johann Niggl. "Uns liegen keinerlei Aussagen beziehungsweise Hinweise von Agilis vor, dass eine Einstellung des Bahnverkehrs auf den Agilis-Netzen bevorsteht", sagte er auf Anfrage unserer Zeitung. Agilis führt bereits seit Monaten Gespräche mit der BEG, bislang allerdings ohne Erfolg. Der Vorschlag eines Schiedsgerichtsverfahrens, den Agilis gemacht habe, werde derzeit von der BEG abgelehnt, betonte der Sprecher. Die Bayerischen Eisenbahngesellschaft, eine 100-prozentige Tochter des Freistaats, zeigte sich gestern zurückhaltend. "Interne Vertragsangelegenheiten behandeln wir vertraulich. Dazu sind wir in unseren Verkehrsdurchführungsverträgen verpflichtet. Das gilt auch für das Vertragsverhältnis mit Agilis", teilte Geschäftsführer Niggl mit. Die BEG bestellt in Bayern den Nahverkehr auf der Schiene. Die Bahnunternehmen bekommen einen festgesetzten Zuschuss, den Rest der Kosten müssen sie über den Fahrkartenverkauf decken.

Bis zum Vertragsende im Jahr 2022 rechnet Agilis mit einem Verlust von etwa 38 Millionen Euro. Ende 2010 hatte Agilis den sogenannten Regensburger Stern übernommen. In dem Streckennetz liegen die Städte Straubing, Landshut, Passau, Ingolstadt, Ulm, Bamberg, Bayreuth, Coburg und Hof. Im Jahr 2013 fielen jedoch die strengen Marktbeschränkungen für Fernbusse im Inland weg. Das Angebot für viele Strecken, und damit die Konkurrenz sind deutlich gewachsen. Das blieb nicht ohne Folgen: Das Fahrgastaufkommen bei Agilis war seitdem jedes Jahr zurückgegangen. Für 2016 rechnet das Unternehmen mit einem Minus von 5,4 Prozent. Dafür möchte es nun eine Entschädigung, sprich höhere Zuschüsse vom Staat.

Die Auswirkungen der Konkurrenz durch Fernbusse macht sich auch bei der Bayerischen Regiobahn (BRB) "deutlich bemerkbar", wie ein Sprecher mitteilte. "Uns fehlen dadurch etwa zwei Millionen Euro im Jahr." Das Unternehmen bedient unter anderem die Strecke Augsburg - Ingolstadt. Daher fordert die BRB, dass die Mindestabstände für Haltstellen im Fernbusverkehr von 50 auf 100 Kilometer steigen, dass es auch eine Maut für Fernbusse gibt - "wir zahlen schließlich auch für jeden Meter Nutzungsentgelt" - und dass die Busunternehmen die gleichen Fahrgastrechte bieten müssen wie die Bahnbetreiber. "Kurzfristig gehen die Verluste zu unseren Lasten", so der BRB-Sprecher, "doch langfristig muss der Staat geradestehen." Denn bei der nächsten Ausschreibung werde die Situation mit einfließen, und wenn es keine höheren Zuschüsse gibt, müsse zum Beispiel bei den Leistungen gekürzt werden.

Auch der Fahrgastverband Pro Bahn sieht das Problem mit der wachsenden Konkurrenz. "Die Anbieter auf dem Fernbusmarkt sind relativ umtriebig", sagt Winfried Karg, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des bayerischen Landesverbands. "Und jeder Fahrgast, der umsteigt, fehlt nicht nur im Fernverkehr, sondern zum Beispiel auch im Zubringerzug von Neuburg nach Ingolstadt." Dass Agilis Probleme habe, liege unter anderem auch daran, dass der Bahnbetreiber in Regionen wie Oberfranken unterwegs ist, in denen die wirtschaftliche Lage eher schwierig ist.