Nürnberg
Immer im Kreis rennen

Beim Indoor-Marathon in der Nürnberger Landesgewerbeanstalt steht der olympische Gedanke im Vordergrund

14.11.2017 | Stand 02.12.2020, 17:13 Uhr
Die Sambatruppe gibt den Rhythmus vor. −Foto: Nikolas Pelke

Nürnberg (HK) Im Wald laufen kann jeder. Beim Indoor-Marathon in der Landesgewerbeanstalt in Nürnberg haben die rund 350 Teilnehmer am Sonntag über endlose Flure und Gänge rennen müssen. Dafür wurden die Läufer vom Regen draußen nicht nass.

Hier werden Matratzen auf ihre Sprungkraft geprüft, dort werden Beine auf ihre Ausdauerkraft getestet. Beim mittlerweile 13. Indoor Marathon sind am Sonntag rund 350 Läufer durch die heiligen Fluren und endlosen Gänge der Landesgewerbeanstalt im Schatten des Fernsehturmes in Nürnberg gerannt. Nicht alle haben die volle Distanz am Ende geschafft. Eine Goldmedaille haben trotzdem alle bekommen. Der olympische Gedanke steht bei dieser weltweit wohl einzigartigen Laufveranstaltung im Vordergrund.

Schmuddelwetter draußen, Sambaparty drinnen: Beim 13. Indoor-Marathon in Nürnberg spielt das Wetter keine Rolle. Die Gaudi spielt dafür eindeutig die erste Geige. Mit ihren Trommeln sorgt die Sambagruppe Ritmo Candela für Partystimmung. Gleichzeitig peitscht der Rhythmus die Teilnehmer in den kurzen Hosen nach vorne.

Die sportliche Herausforderung hat es in sich. Ab 11 Uhr sind die Athleten auf der klassischen Marathondistanz unterwegs. Zurückgelegt werden müssen genau 42,195 Kilometer. Gerannt wird nicht von der griechischen Hafenstadt nach Athen. Beim Nürnberger Indoor-Marathon müssen die Teilnehmer immer im Kreis durch die Gänge des Prüfzentrums vom TÜV Rheinland in der Tillystraße rennen.

Der Parcours hat es trotzdem in sich. "Unser Gebäude ist so groß wie das Empire State Building. Allerdings liegt unser Empire State Building in Nürnberg auf der Seite und wächst nicht in den Himmel", sagt TÜV-Mitarbeiterin Heidi Teumer stolz und verweist auf bis zu 350 Meter lange Gänge und Flure. Sogar eine kleine Treppe müssten die Läufer insgesamt 55-mal erklimmen.

Am Ende des schweißtreibenden Sonntages werden sie beim Treppenrennen allein auf diese Weise über 450 Höhenmeter bezwungen haben. "Unser Kollege Thomas hat vor 13 Jahren die Idee zu diesem Marathon gehabt. Seitdem helfen die Mitarbeiter jedes Jahr mit, dass alles klappt und wie am Schnürchen funktioniert", erzählt Teumer und zeigt auf einen großen Korb, in dem unzählige Medaillen gülden glänzen. "Bei uns bekommt jeder Teilnehmer eine Goldmedaille", sagt Teumer und strahlt.

Nebenan kommentiert Sportmoderator Markus Othmer gewohnt gekonnt das schweißtreibende Treiben. "Hier kommt ein Mitfavorit auf den Titel", ruft Othmer durchs Mikrofon, während Marcel Staudacher mit der Startnummer 5 an der Start- und Ziellinie vorbeiläuft. Staudacher ist für das Klinikum Nürnberg am Start. Häufig ist der Läufer aus Nürnberg schon auf dem Treppchen des Indoor-Marathons gestanden. Sogar für ganz oben hat es für ihn schon gereicht. Auch in diesem Jahr liegt der Nürnberger nach 13 Runden in aussichtsreicher Position auf Platz 3.

Einen Augenblick später klatscht Othmer den Läufer mit der Nummer 77 ab. "Das ist Friedrich Hinkel, mit 77 Jahren heute unser ältester Teilnehmer im Feld", sagt Othmer voller Anerkennung und die vielen Zuschauer am trockenen Streckenrand jubeln. Derweil stärken sich Hanna und Katja mit einem isotonischen Sportgetränk an der Marathonbar. "Wir haben unsere sieben Runden schon hinter uns. Wir trainieren für unseren Silvesterlauf, den wir vom Verein des Klinikums Nürnberg heuer wieder veranstalten." Dann taucht Marcel Staudacher wieder auf. Aber irgendetwas scheint nicht zu stimmen. Mit schmerzverzerrtem Gesicht reißt sich der Mitfavorit plötzlich frustriert die Startnummer von der Brust. "Der Oberschenkel zwickt, ich steige aus", sagt Staudacher und lässt sich von Sportfan Markus Othmer trösten.

Derweil bereitet sich Peter Weber auf seinen Einsatz noch vor. "Ich habe mit 40 Jahren mit dem Laufen angefangen", sagt Weber und dehnt sanft seine durchtrainierten Muskeln. "Jetzt bin ich 56 und habe schon 17 Marathons hinter mir", freut sich der Nürnberger, der noch keinen Indoor-Marathon verpasst hat. "Die Atmosphäre ist einzigartig. Die Zuschauer stehen direkt an der Strecke. Die Sambaband trommelt und feuert dich an." Nur bei den Treppenstufen dürfe man nicht aus dem Tritt kommen.

Auf Rekorde habe er es heuer freilich nicht abgesehen, sagt Weber. "Wir laufen in der Staffel. Bei uns steht heuer die Gaudi im Vordergrund", sagt Weber und rückt sein Trikot im Lederhosenlook zurecht. Dann muss er los. Sieben Runden muss er schaffen. Rauf und runter durch die endlosen Fluren des Prüfzentrums. Am Ende wird auch er erschöpft aber glücklich mit einer um den Hals baumelnden Goldmedaille nach Hause gehen.

52,195 KILOMETER ÜBER FLURE UND GÄNGE

Strecke: Die 42,195 Kilometer lange Streckte geht über endlose Fluren und Gänge vorbei an Spielzeug- oder Möbelprüfungen. Sogar ein kleines Treppenhaus müssen die Teilnehmer pro Runde überwinden. Insgesamt müssen bei dem Rundparcours für die gesamte Distanz genau 55 Runden überwunden werden.

 

Teilnehmer: Beim jüngsten Indoor Marathon sind am Sonntag rund 120 Einzelläufer und über 30 Staffeln an den Start gegangen. Insgesamt werden am Ende über 360 Läufer mit einer Goldmedaille für ihre Teilnehme geehrt.

 

Idee: Vor 13 Jahren hatte ein Mitarbeiter der Landesgewerbeanstalt (LGA) in Nürnberg die Idee zu dieser besonderen Sportveranstaltung in dem riesigen Industriegebäude, in dem Produkte auf Herz und Nieren vom TÜV Rheinland geprüft und getestet werden.

 

Platzierungen: Die Endergebnisse werden im Internet unter der Adresse www.indoormarathon.lga.de bekannt gegeben.