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"Sie steht für Stabilität und Weitblick"

Der CSU-Ehrenvorsitzende Theo Waigel hat eine Wählerinitiative für Kanzlerin Merkel gegründet

18.05.2017 | Stand 02.12.2020, 18:06 Uhr

München (DK) Der CSU-Ehrenvorsitzende Theo Waigel hat eine Wählerinitiative für Kanzlerin Merkel gegründet

Herr Waigel, Sie haben eine Wählerinitiative für Angela Merkel gegründet. Wie kommt es?

Theo Waigel: Die Wählerinitiative entstand, als in einer Umfrage 60 Prozent der CSU-Wähler für Merkel und angeblich 40 Prozent gegen sie eingestellt waren. Es gab damals kritische Stimmen und Vorbehalte in der CSU. Das war der Grund, warum ich mich mit Alois Glück, Hans Maier, Erwin Huber und anderen zusammentat, um gerade in Bayern eine Wählerinitiative für Angela Merkel zu starten.

 

In Bayern kann man aber nicht Merkel wählen. Was soll das also bringen?

Waigel: Wer in Bayern Merkel als Kanzlerin will, muss CSU wählen. Wer der Wahl fern bleibt oder andere Parteien wählt, kann sie nicht unterstützen. Ein hoher Prozentsatz für die CSU bei der Bundestagswahl ist erforderlich, damit CDU und CSU ihre strategische Mehrheit behaupten. Das heißt konkret, die CSU sollte etwa zehn Prozent mehr erreichen als CDU/CSU im Durchschnitt der Bundesrepublik Deutschland.

 

Sie haben die lang anhaltende, harte Gangart der CSU gegenüber Bundeskanzlerin Angela Merkel in der Flüchtlingskrise schon früh für falsch gehalten. Wieso?

Waigel: Die Auseinandersetzung zwischen CDU und CSU hatte ihren Grund im zeitweiligen Kontrollverlust des Flüchtlingsgeschehens. Ich habe schon damals gefordert, dass dem Satz "Wir schaffen das", der Satz folgen muss: "Wie und wie viel schaffen wir"

 

Merkel habe in der Flüchtlingskrise "Herz, aber keinen Plan" gehabt, bescheinigt Altbundeskanzler Gerhard Schröder seiner Nachfolgerin. Ist da etwas dran?

Waigel: Gerhard Schröder vergisst, dass die Bundeskanzlerin von Anfang an den Plan verfolgte, die Außengrenzen Europas stärker zu schützen und ein Abkommen mit der Türkei zu schließen. Zwischenzeitlich aber war es notwendig, auch innerhalb Europas Grenzen zu schützen und eine stärkere Überwachung einzurichten. Das ist geschehen.

 

Hat Horst Seehofer seine Angriffe auf die Bundeskanzlerin zu spät eingestellt? Und wirkte der Friedensgipfel in München deshalb so wenig glaubwürdig?

Waigel: Ich hätte mir den Frieden zwischen CDU/CSU schon vor Weihnachten gewünscht. Er hat danach stattgefunden und zwischenzeitlich funktioniert die Zusammenarbeit reibungslos.

 

Wer CSU wählt, wählt auch Merkel. Viele CSU-Wähler wollen das aber nach der anderthalbjährigen Phase der Vorwürfe nicht. Wird es für die CSU also eng bei der Bundestagswahl?

Waigel: Durch die Landtagswahlkämpfe an der Saar, Schleswig-Holstein und in Nordrhein-Westfalen und die Erfolge der CDU sind auch die CSU-Anhänger und CSU-Wähler hoch motiviert. Joachim Herrmann als Spitzenkandidat der CSU für die Bundestagswahl ist eine hervorragende Lösung, persönlich und von seiner Sachkompetenz her. Damit macht die CSU mit ihrer Spitzengruppe und ihrem Kandidaten ein attraktives Angebot.

 

Sie kennen Merkel noch aus der Zeit im Kabinett von Bundeskanzler Helmut Kohl. Was für eine Entwicklung würden Sie ihr bescheinigen? Und welche Bedeutung für Europa und die globale Politik?

Waigel: Ich kenne Angela Merkel seit dem 1. Juli 1990. Damals leitete sie als schüchterne stellvertretende Pressechefin des DDR-Ministerpräsidenten die Pressekonferenz zur Einführung der D-Mark in Ostdeutschland. Ich habe sie persönlich in acht Jahren gemeinsamer Kabinettsarbeit erlebt und ihre Arbeit in der Opposition für weitere sechs Jahre verfolgt. Nahezu zwölf Jahre ist sie jetzt erfolgreiche Bundeskanzlerin. Sie kann sich in der Reihe mit Konrad Adenauer und Helmut Kohl messen. Sie ist eine ganz wichtige Figur im europäischen Geschehen, in und außerhalb der EU. Sie ist eine überzeugte Marktwirtschaftlerin und Anhängerin der Sozialen Marktwirtschaft von Ludwig Erhard. Sie steht für Stabilität und Weitblick. Die anderen Länder in Europa beneiden uns um diese Führungspersönlichkeit. 

 

Das Interview führte Alexander Kain.