Herr Gribl, seit dem Krisengipfel von CDU
"Wir sind nicht West-München"

Der Augsburger OB und CSU-Vize Gribl über Wechselgerüchte und den neuen Status seiner Stadt

25.08.2016 | Stand 02.12.2020, 19:23 Uhr

CSU-Vize Kurt Gribl beim Interview in seinem Büro. - Foto: Wenisch

Augsburg (DK) Der Augsburger OB und CSU-Vize Gribl über Wechselgerüchte und den neuen Status seiner Stadt

Herr Gribl, seit dem Krisengipfel von CDU/CSU sind Sie plötzlich Verteidigungspolitiker. Wie ist es um die Verteidigungsbereitschaft Augsburgs bestellt?

Kurt Gribl: (lacht) Augsburg ist wehrhaft. Das war schon immer der Fall.

 

Sie sollen zusammen mit Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen das Thema Sicherheit in der Union beackern. Wie passt das zu Ihrem Job als Oberbürgermeister?

Gribl: Ob die Menschen sich sicher fühlen, spürt man zuerst auf der Ebene der Kommune: bei Veranstaltungen, im öffentlichen Raum oder im öffentlichen Nahverkehr. Deswegen ist das kein fremdes Thema, als Kommunalpolitiker ist man Generalist. Ich selber bin aber natürlich weniger auf die außenpolitische Sicherheit fokussiert. Deswegen ist dieses ungewöhnliche Gespann so zusammengestellt worden.

 

Nach dem Unionstreffen hieß es, Sie hätten einen engagierten Vortrag gehalten, der auch als Bewerbung für höhere Ämter gewertet wurde. Zudem wird Ihnen ein gesunder Ehrgeiz nachgesagt. Würden Sie gerne ins Kabinett wechseln, wie Gerüchte besagen?

Gribl: Stimmt, ich habe einen gesunden Ehrgeiz, und den brauche ich auch, um meine Arbeit gut machen zu können. Dass ich nach Höherem strebe, stimmt nicht. Ich bin mit meiner Aufgabe sehr zufrieden.

 

Sie haben öfter das Jahr 2020 betont. Steht nach der Kommunalwahl ein Wechsel an?

Gribl: Ich habe mich vor meiner zweiten Amtszeit auch erst zum Zeitpunkt der Nominierung entschieden, wie es weitergeht. So werde ich es auch mit der weiteren kommunalpolitischen Entwicklung machen. Es liegen noch vier Jahre vor mir. Diese möchte ich nicht mit Spekulationen verbringen.

 

Würde Sie eine Aufgabe im Kabinett generell reizen?

Gribl: Ich habe genug Berührungspunkte mit Themenfeldern der Landes- und Bundespolitik - über den Bayerischen und Deutschen Städtetag. Eine Aufgabe im Kabinett hat Vorteile und Nachteile. Ich genieße die Vorteile in Augsburg, wie ich auch die Belastungen trage.

 

Das ist aber keine klare Aussage, ob Sie ein Ministeramt reizen würde.

Gribl: Bis 2020 habe ich ein klares Mandat als Oberbürgermeister. Das macht mir viel Freude. Darüber hinaus werde ich keine Aussagen treffen.

 

Sollte sich Ministerpräsident Horst Seehofer doch noch zu einer Kabinettsumbildung entscheiden, gilt Europaministerin Beate Merk als Wackelkandidatin. Dann wäre ein Schwabe gefragt. Würden Sie einen Ruf Seehofers ablehnen?

Gribl: An solchen Fragestellungen beteilige ich mich nicht. Die Arbeit von Beate Merk schätze ich sehr. Ihr Engagement vor allem für Krisengebiete ist eine tolle Leistung. Ich habe mich in den letzten Wochen zweimal mit ihr getroffen. Die Spekulationen sind für mich und für Frau Merk unangenehm.

 

Das Treffen war ungewöhnlich offensiv mit einem Fototermin, bei dem Sie und Frau Merk sich Arm in Arm präsentierten. Weshalb haben Sie die Spekulationen nicht einfach ausgesessen?

Gribl: Die Gerüchte mussten ausgeräumt werden, weil sie Frau Merk schaden und mir schaden, wenn in Augsburg spekuliert wird, ob ich mit dem Kopf woanders bin. Deswegen war es notwendig, das mit einem fetten Ausrufezeichen zu machen.

2017 werden Sie Städtetagsvorsitzender. Der aktuelle Vorsitzende Ulrich Maly pocht immer wieder auf mehr Geld von Bund und Land. Werden Sie als Städtetagschef und CSU-Vize in diesem Hinblick bei Seehofer Druck machen?

Gribl: Das wird eine interessante Konstellation. Aber ich glaube, ich werde damit keine großen Schwierigkeiten haben. Ich habe auch als OB nur Geld vom Freistaat gefordert, wenn wir ohne dessen Hilfe nicht weitergekommen sind. Das war bei jedem Projekt konzeptionell unterlegt. Mit dieser Grundhaltung kann ich auch im Städtetagsamt ein guter Gesprächspartner für die Staatsregierung sein.

Sie sind der Kommunalvertreter unter den CSU-Vizes, neben dem Ingolstädter Christian Lösel aber auch der einzige CSU-OB in einer Großstadt. Weshalb tut sich die CSU dort so schwer?

Gribl: Es ist richtig, dass es bei den großen Städten Entwicklungsmöglichkeiten gibt. Augsburg ist ein Beispiel, dass die CSU Großstadtpolitik kann. Dazu ist es wichtig, dass man die CSU nicht auf das Klischee einer Partei für den ländlichen Raum reduziert, sondern ihre Kompetenzen beim Umgang mit modernen urbanen Anforderungen besser heraushebt. Aber jede Kommune tickt anders, deswegen ist es schwierig, den CSU-Kandidaten Tipps zu geben. Wichtig ist, dort hinzugehen, wo es wehtut - also nicht nur das Gespräch mit Sympathisanten zu suchen.

 

Augsburg erhält nun einen neuen Status und wird im Landesentwicklungsprogramm zur Metropole erhoben. War das Ihr Wunsch an die Staatsregierung?

Gribl: Das ist eine Initiative der Staatsregierung, die ich für richtig halte, weil es den Stellenwert Augsburgs als Wirtschaftsraum und die Reichweite der Stadt unterstreicht. Augsburg ist mittlerweile selbstbewusst genug zu sagen: Wir sind nicht West-München!

 

Was bedeutet der neue Status?

Gribl: In der Blütezeit der Stadt Augsburg im 15. und 16. Jahrhundert hat der Bürgerstolz die Entwicklung getragen. Der Metropolen-Status kann diese bürgerliche Kraft wieder beflügeln. Nüchterner betrachtet, liefert uns die Metropole natürlich Argumente. Wir können unsere berechtigten Belange besser geltend machen, etwa bei der medizinischen oder kulturellen Versorgung.

 

Großprojekte wie der Bahnhofsumbau oder die Theatersanierung stoßen in Augsburg auf heftigen Widerstand. Ist die wachsende Bedeutung der Stadt in den Köpfen der Bürger noch nicht angekommen?

Gribl: Bahnhof oder Theater bräuchten wir auch, wenn wir nicht Metropole genannt würden. Aber die Bürger sind nicht mit neuen Entwicklungen überfordert. Konfliktpotenziale gibt es bei jedem Großvorhaben. Die Augsburger Bürger sind nun mal sehr aktiv und - wie erwähnt - sehr wehrhaft.

 

Muss das Umland nun fürchten, dass das Geld künftig nur noch in die Metropole wandert?

Gribl: Überhaupt nicht. Vieles, was wir in Augsburg an Land ziehen, hat auf das Umland eine noch viel höhere Wirkung. Zum Beispiel: Im Augsburger Süden entwickeln wir mit hohem Aufwand den Innovationspark in Zusammenarbeit mit der Universität und Forschungseinrichtungen. Der Nutzen für die Stadt ist zwar da, aber für die Region bis ins Donau-Ries und ins Allgäu ist die Dimension deutlich größer. Die Produktion aus der Entwicklung findet in der Fläche statt. Wir arbeiten an einer noch engeren Verbindung mit umliegenden Kommunen.

 

Ein zentrales Projekt ist dabei die Umwandlung der Klinik in ein Universitätsklinikum. Welche Bedeutung hat dies?

Gribl: Damit können wir die Maximalversorgung und Spitzenmedizin für 2,2 Millionen Menschen in der Region aufrechterhalten. Als kommunale Träger müssten wir eigentlich nur die Grundversorgung bewerkstelligen. Für die Universität Augsburg bedeutet die Errichtung der medizinischen Fakultät eine Vergrößerung um 40 Prozent. Das ist ein Riesenschub, auch für den Arbeitsmarkt.

 

Interview: Daniel Wenisch