Ingolstadt
Geist und Körper schärfen

Verkehrswacht Ingolstadt empfiehlt Motorradfahrern gründliche Vorbereitung - Schon zwei tote Biker

20.04.2018 | Stand 23.09.2023, 2:58 Uhr

Ingolstadt (DK) Frische Luft um die Nase, das Gefühl von Freiheit - viele Motorradfahrer konnten es nach dem späten Wintereinbruch kaum erwarten, wieder auf die Straße zu kommen. Mit der langen Pause ist aber auch die Routine der Vorsaison weg, Vorsicht ist also angebracht. Die beiden ersten Toten unter den Bikern sind in der Ingolstädter Region bereits zu beklagen.

Erst am Donnerstagnachmittag war ein 71 Jahre alter Motorradfahrer aus dem Kreis Eichstätt in Gaimersheim ums Leben gekommen - nach bisherigen Erkenntnissen der Ingolstädter Verkehrspolizei trug er keine Schuld an dem Unfall. Ein 51-jähriger Neuburger hatte ihn beim Linksabbiegen übersehen und mit seinem Auto erfasst, so der Vorwurf. Biker sind in den Köpfen vieler Verkehrsteilnehmer nach der kalten Jahreszeit oft noch ausgeblendet. Bereits am 4. April war ein 21-Jähriger aus dem Kreis Pfaffenhofen zwischen Schelldorf und Stammham tödlich verunglückt - in einer Rechtskurve war er auf die Gegenspur geraten, hatte die Polizei zum Hergang mitgeteilt. Zwei Tote gleich zu Saisonbeginn, eine traurige Bilanz.

"Wer nach dem Winter aufs Motorrad steigen möchte, sollte erst einmal dafür sorgen, dass seine Maschine technisch in Ordnung ist", empfiehlt Roland Dürr, Fahrtrainer und zuständig für Sicherheitsthemen bei der Ingolstädter Verkehrswacht. Beleuchtung, Bremsen, Reifen, alles müsse überprüft und bei Bedarf instandgesetzt oder erneuert werden. "Die Schutzkleidung gehört auch dazu, das darf man nicht vernachlässigen. Es sollte nicht alles immer schwarz in schwarz sein." Um für andere gut sichtbar zu sein, empfiehlt der Sicherheitsexperte helle, signalfarbene Kleidung. "Warum nicht ein neongelber Helm? Damit fällst du für andere sofort auf!"

"Langsam tun", lautet der Rat, wenn dann die erste Ausfahrt ansteht. "Was in der Vorsaison da war, verflüchtigt sich schnell, wenn man so lange nicht im Sattel gesessen ist. Um auf das Niveau des vergangenen Jahres zu kommen,muss man mindestens 1000 Kilometer oder mehr gefahren sein. Das lässt sich aber beschleunigen, indem man einen Kurs bei der Verkehrswacht oder beim ADAC macht", sagt Roland Dürr. Ein Aufwand, der sich lohnt, um anschließend sicherer unterwegs zu sein.

"Geist und Körper müssen gleichermaßen geschärft werden", erklärt Dürr. Aufmerksam nach vorne schauen, für andere mitdenken, für Biker bedeutet das eine Art Lebensversicherung. "Es ist ganz wichtig, wo ich beim Fahren hinschaue. Der Blick sollte immer weg von der Gefahrenzone gehen, also nicht hin zur Leitplanke, sondern zum Kurvenausgang." Dürr nennt den Grund: "Das Gehirn steuert das an, was ich gerade im Blick habe, und ich will ja nicht in der Leitplanke landen." Die richtige Blicktechnik sei daher sehr wichtig, werde aber oft hintan gestellt.

Die Körperhaltung ist ein anderes Thema. "Motorradfahren bedeutet Bewegung: Wie sitze ich im Sattel, wenn ich eine Kurve angehe? Ist es eine langgezogene oder eine kurze, enge Kurve? Das muss ich immer berücksichtigen und mit dem Körper entsprechend reagieren." Das gekonnte Ausweichen vor Hindernissen oder sichere Bremsen sei ebenso wichtig. Noch einmal weist der Ingolstädter Fahrtrainer auf Kurse hin, die viel bringen: "Es schadet nie, wenn mal jemand von außen drauf schaut, bevor sich Fehler einschleifen."

Viele Motorradfahrer in der Region werden aber nicht mehr abwarten wollen und an diesem sonnigen Wochenende vermutlich ausschwärmen wie die sprichwörtlichen Bienen. Die Verkehrspolizei in Ingolstadt hatte voriges Jahr 123 Unfälle mit Motorrädern, Rollern und Mopeds aufgenommen, ein Beteiligter kam ums Leben, 30 erlitten schwere, 78 leichte Verletzungen, wie Heinz Glaser am Freitag mitteilte. Sein Kollege Hubert Scharpf aus Neuburg berichtete von 39 Bikerunfällen im vergangenen Jahr. "Einer ist bei einer Probefahrt tödlich verunglückt, 15 sind schwer, weitere 24 leicht verletzt worden." Im Landkreis Pfaffenhofen hatte die vergangene Motorradsaison bei 47 Unfällen zwar keine Todesopfer, aber 22 Schwer- und 23 Leichtverletzte gefordert. "Die meisten Unfälle passieren auf Staats- und Gemeindestraßen", stellte Ulrich Pöpsel von der Pfaffenhofener Inspektion fest.

Der beliebteste regionale Anziehungspunkt für Biker sind wohl die Serpentinen auf der B13 von Eichstätt nach Weißenburg, die vielen Kurven bedeuten eine große Herausforderung. Es gibt ein Tempolimit, was manche aber nicht interessiert. "Am Sonntag wird es dort eine große Kontrolle geben", kündigte Matthias Glück von der Inspektion Eichstätt an. "Die Bereitschaftspolizei wird uns unterstützen." Aber auch der restliche Kreis zieht die Biker offenbar an, 2017 waren sie an 87 Unfällen mit zwei Toten, 36 Schwer- und 56 Leichtverletzten beteiligt. Heuer sind schon im April zwei Biker tot - ein Saisonauftakt, der über den Sommer Schlimmes befürchten lässt.

Horst Richter