Fürth (DK
Bayerische Türken stimmen ab

Am Montag öffnen die improvisierten Wahllokale In Fürth droht ein Verkehrschaos

24.03.2017 | Stand 02.12.2020, 18:25 Uhr

Eines von bundesweit 13 Wahllokalen ist die "Grüne Halle" in Fürth. Die Stadt befürchtet, dass die Anlage dem zu erwartenden Andrang nicht gewachsen ist. - Foto: Pelke

Fürth (DK) Kleine Halle, große Wahl: In Fürth steht eines von bundesweit 13 Wahllokalen für den Volksentscheid über die Verfassungsreform in der Türkei. Neben Fürth ist München die zweite Stadt im Freistaat, in der ab Montag ein Wahllokal eröffnet.

Rund 65 000 Bürger aus Nordbayern, Thüringen und der Oberpfalz dürfen zwischen dem 27. März und dem 9. April in der "Grünen Halle" in Fürth ihre Stimme abgeben. In der ehemaligen Sporthalle ist alles für die Abstimmung vorbereitet. Dort, wo einst US-Soldaten beim Basketball auf Korbjagd gingen, befindet sich nun ein improvisiertes Wahllokal für das Verfassungsreferendum in der Türkei. Auf den hufeisenförmig angeordneten Tischreihen stehen Urnen für die Stimmzettel bereit. Die aufgestellten Absperrbänder geben einen Vorgeschmack auf den zu erwartenden Menschenandrang. "Die Nagelprobe werden wir an den beiden Wochenenden erleben. Ich hoffe, wir bekommen den Ansturm einigermaßen in den Griff", sagt Mathias Kreitinger.

Besonders die schlechte Parkplatzsituation bereitet dem Leiter des städtischen Ordnungsamtes in Fürth einige Kopfschmerzen. Vor der "Grünen Halle" gebe es nur 30 Stellplätze. Deshalb habe die Stadt umliegende Stellflächen kurzfristig in Kurzparkzonen umgewandelt, um auf die anrollende Blechlawine vorbereitet zu sein. Ein benachbarter Türkisch-Islamischer Kulturverein und eine freie Christengemeinde hätten dankenswerterweise ebenfalls ihre Parkplätze für die Volksabstimmung zur Verfügung gestellt, berichtet Kreitinger vom Ordnungsamt. Ehrenamtliche Parkanweiser sollen helfen, das befürchtete Verkehrschaos rund um die Halle zu vermeiden. Eine Sprecherin des türkischen Generalkonsulats im benachbarten Nürnberg versichert, dass man die türkischen Wahlberechtigten dazu aufrufe, mit öffentlichen Verkehrsmitteln nach Fürth zum Urnengang zu reisen.

Die Stadt Fürth hofft inständig darauf, dass viele dieser Aufforderung nachkommen. Realisten gehen freilich davon aus, dass es anders kommen wird. Der Abstimmungsort ist zu allem Überfluss nur über eine einzige enge Straße zu erreichen. Zwei Autos dürften auf dieser die größte Mühe haben, im Gegenverkehr ohne Kratzer aneinander vorbeizukommen.

Außerdem liegt die Halle in einem Wohngebiet. Anwohner hatten mit ihren Protesten kürzlich schon dafür gesorgt, dass aus der Veranstaltungshalle ein Bürogebäude wird. Besonders die türkischen Hochzeiten sollen den Anliegern in ihren schmucken Häusern nachts den Schlaf geraubt haben. Die Halle liegt auf einem ehemaligen Kasernengelände, das nach dem Abzug der Amerikaner zu einem an einen Exerzierplatz erinnernden Park umgebaut worden ist. Die Wohnungen mit Blick auf den "Südstadtpark" mit der "Grünen Halle" sind genauso beliebt wie begehrt.

Im Sommer gab der frühere Privatbetreiber auf und verkaufte an ein Architekturbüro. "Schade, dass die ,Grüne Halle' zu ist, hier war immer etwas los", ärgert sich ein Passant am Freitagvormittag und schimpft auf die seiner Meinung nach viel zu empfindlichen Ohren der betuchten Anwohner.

Nebenan hält eine Frau mit ihrem Fahrrad vor einem schicken Reihenhaus. "Ich habe keine Angst vor einem Verkehrschaos. Den zweiwöchigen Trubel halten wir aus. Wir haben so viele türkische Freunde. Die sind alle in Ordnung", sagt die Frau und fügt nach kurzer Pause nachdenklich hinzu: "Wir haben europäische Türken, keine arabischen Türken als Freunde." Angst vor Ausschreitungen rund um die bevorstehende Abstimmung direkt vor ihrer Haustür habe sie nicht. Die Polizei hat angekündigt, zusätzliche Streifen rund um das Wahllokal bereitzustellen.

In Fürth hofft man, dass der Ansturm der türkischen Wähler am Ende doch nicht schlimm wird. Viel wird von der Wahlbeteiligung abhängen. Bei den letzten Wahlen zum türkischen Parlament in Nürnberg lag die Wahlbeteiligung bei rund 30 Prozent. Beobachter gehen davon aus, dass bei der Abstimmung über Erdogans Verfassungsreform mehr Menschen mit türkischem Pass an der Wahl teilnehmen werden. Die Stimmabgabe ist von Montag bis Sonntag zwischen 9 und 21 Uhr möglich. Das Konsulat habe die "Grüne Halle" als Wahllokal gemietet, weil die eigenen Räumlichkeiten nicht groß genug seien.

Das türkische Generalkonsulat in München hat wegen Platzmangels ein ehemaliges Postamt in der Innenstadt vorgesehen. "Wie üblich bei politisch relevanten Veranstaltungen werden wir die Sicherheitslage täglich neu analysieren", sagt der Polizeisprecher Sven Müller. Beamte würden regelmäßig nach dem Rechten sehen. "Sollte sich die Situation verschärfen, werden wir nachjustieren." Im Zweifelsfall könnte etwa ein Streifenwagen dauerhaft vor dem Gebäude stehen. Laut Alexander Stumpf vom Kreisverwaltungsreferat sei mit maximal 180 Personen gleichzeitig zu rechnen.