München
Freistaat will mehr für die Pflege tun

Kabinett beschließt 1000 Euro Landespflegegeld und ein neues Landesamt

10.04.2018 | Stand 23.09.2023, 2:53 Uhr

München (DK) Bayerns neuer Ministerpräsident Markus Söder setzt Schritt für Schritt seine Ankündigungen der letzten Wochen und Monate um. Erst vor wenigen Tagen wurde die Gründung einer neuen bayerischen Grenzpolizei konkret. Gestern nun ging es um die Pflege im Freistaat Bayern. Wichtigster Punkt: Das Kabinett beschloss 1000 Euro Landespflegegeld für Bedürftige - jährlich.

Vergangene Woche war die Grenzpolizei auf die Schienen gesetzt worden, diese Woche folgte ein ganzes Bündel an Maßnahmen für die Pflege. Und Söder verknüpfte in der Kabinettssitzung diese beiden Projekte. In beiden Fällen gehe es um die Sicherheit, befand Söder - einmal freilich um die Sicherheit, für die die Polizei zuständig ist, nun um die Sicherheit, die die Menschen und ihre Angehörigen brauchen, um "die letzte Meile des Lebens in Würde" gehen zu können. Insgesamt rund 470 Millionen Euro an zusätzlichen Pflege-Ausgaben soll der Landtag in einem Nachtragshaushalt beschließen. Hauptbatzen mit rund 400 Millionen Euro jährlich wird das neue Landespflegegeld: 1000 Euro sollen Pflegebedürftige (ab Pflegestufe 2), die ihren Hauptwohnsitz in Bayern haben, jährlich auf Antrag ausbezahlt bekommen. Das sei "ein großer Aufschlag", befand Gesundheits- und Pflegeministerin Melanie Huml (CSU) gestern. Start soll bereits heuer im Spätsommer sein.

Die zweite große Neuerung wird ein eigenes bayerisches Landesamt für Pflege: Dort werden Aufgaben, die bisher auf verschiedenen Stellen verteilt sind, gebündelt. Wo der Sitz sein wird, soll kommende Woche entschieden werden.

Im Zentrum der Kabinettsbeschlüsse steht zudem eine Verbesserung der Pflegeplätze. Zusätzliche 1000 stationäre Pflegeplätze sollen (mit einem Volumen von 60 Millionen Euro) gefördert werden, zudem sollen mindestens 500 neue Kurzzeitpflegeplätze entstehen (Fördervolumen fünf Millionen Euro). Derzeit gebe es in Bayern rund 2100 Kurzzeitpflegeplätze, "Tendenz rückläufig", so Huml. Dabei seien diese wichtig, um insbesondere pflegende Angehörige zu entlasten, wenn diese selbst ins Krankenhaus müssten oder einmal Urlaub machen wollten.

Verbessert werden soll darüber hinaus die Palliativ- und Hospizversorgung im Freistaat. So gebe es derzeit 18 Hospizeinrichtungen in Bayern mit insgesamt 186 Plätzen (dazu 470 Hospizbetten in Palliativstationen). Huml will das Angebot insgesamt verdoppeln, etwa durch Fortbildung, um dann Palliativangebote auch in Seniorenheimen machen zu können. Wichtig sei ihr dabei, durch innovative und kreative Maßnahmen die Lebenswirklichkeit besser abzubilden. So würden nicht etwa nur Alte Hospizplätze benötigen, sondern auch junge Menschen - für die die Unterbringung in einer Senioreneinrichtung aber nicht unbedingt geeignet sei. So könnten etwa "Hospizwohnheime" ein gezieltes Angebot an Jüngere sein, so Huml.

Insbesondere die Attraktivität des Pflegeberufes will Bayern zudem erhöhen - und drängt sowohl den Bund als auch die Tarifparteien, mehr zu tun - etwa bei der flächendeckenden Bezahlung nach Tarif. Es gehe um "Wertschätzung", so Huml. Zudem müsse dafür gesorgt werden, dass die hohe Zahl an Ausbildungsabbrechern in den Pflegeberufen reduziert werde.

"Um zwei Plätze wird immer gerungen: Um einen Kita-Platz und um einen Pflege-Platz", sagte Söder gestern. Bayern wolle durch die Maßnahmen seiner "sozialen Verantwortung" nachkommen und seinen Anspruch als "Familienland" und "Generationenland" unterstreichen. Die von der Staatsregierung beschlossenen Maßnahmen in der Pflege gehen nach Auffassung der gesundheitspolitischen Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion Ruth Waldmann am tatsächlichen Bedarf vorbei: "Eine jährliche Einmalzahlung für Pflegebedürftige ist etwas mehr als ein Blumenstrauß, aber nicht das, was die häusliche Pflege wirklich weiterbringt. Wir wollen echte Verbesserungen statt Symbolpolitik."

Die SPD setzt sich für einen steuerfinanzierten Lohnausgleich für pflegende Angehörige ein, die im Beruf kürzer treten müssen. "Die meisten Pflegebedürftigen werden von ihren Angehörigen versorgt. Sie sind der größte Pflegedienst des Landes und brauchen dringend Anerkennung und Entlastung", fordert Waldmann. Dazu will die Münchner Abgeordnete auch eine bessere Anrechnung von Pflegezeiten bei der Rente, damit Frauen, die es meist sind, die pflegen, nicht das Nachsehen haben.

Alexander Kain