Freispruch für Angeklagte in Prozess um krankes Flüchtlingskind

27.05.2015 | Stand 02.12.2020, 21:15 Uhr

Nürnberg (dpa) Im Prozess um ein schwer krankes Flüchtlingskind in der Zirndorfer Aufnahmeeinrichtung sind zwei Pförtner und ein Bereitschaftsarzt in zweiter Instanz freigesprochen worden. Der Fall könne nach mehr als drei Jahren nicht mehr vollständig aufgeklärt werden, sagte der Richter am Mittwoch am Landgericht Nürnberg-Fürth. Die Erkenntnisse reichten für eine Verurteilung nicht aus, es habe zu viele Widersprüche gegeben. Der Vater des kranken Kindes habe die Sache vermutlich "im Nachhinein dramatisiert".

Das Kind war im Dezember 2011 an einer schweren bakteriellen Infektion erkrankt. Es bekam dunkle Flecken an Gesicht und Händen. Statt einen Notarzt zu rufen, schickten die Mitarbeiter die Familie jedoch zu Fuß zu einer fast zwei Kilometer entfernten Kinderärztin. In erster Instanz waren die zwei Pförtner noch zu Geldstrafen wegen fahrlässiger Körperverletzung verurteilt worden. Den Arzt hatte auch das Amtsgericht freigesprochen.

Die meisten Zeugen hätten zur Aufklärung des Falls nichts beitragen können, sagte der Richter. Nur ein Mitarbeiter der Einrichtung, der dem Vater schließlich einen Behandlungsschein aushändigte, habe glaubhaft versichert, dass der Vater nicht geweint habe, als er bei ihm gewesen sei. Mit dem Zettel in der Hand sei er wieder gegangen. "Wenn es dramatischer gewesen wäre, hätte er sicher weitere Maßnahmen ergriffen", sagte der Richter.

Auch für den Arzt sei am Abend noch nicht erkennbar gewesen, dass die Krankheit des Kindes so schwerwiegend war. Möglicherweise seien auch am nächsten Morgen die Flecken für die Pförtner noch nicht zu sehen gewesen - zumal der Junge in eine Decke gewickelt war.

Die Staatsanwaltschaft hatte zuvor erneut Geldstrafen für die drei Angeklagten gefordert. Die Verteidiger plädierten auf Freispruch. Der Anwalt der Familie kündigte an, zumindest im Fall des Arztes eine Revision zu prüfen.