Ende eines bayerisch-amerikanischen Symbols

05.08.2011 | Stand 03.12.2020, 2:32 Uhr

Das Amerikahaus am Karolinenplatz in München soll künftig von der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften genutzt werden.

München (DK) Als Raimund Lammersdorf die Nachricht bekam, unterbrach er sofort seinen Urlaub.

Jetzt sitzt er am Schreibtisch, sortiert Zahlen, die klar machen sollen, warum diese Entscheidung keinen Sinn macht. Man könne seinen Verein doch nicht einfach aus dem Amerikahaus vertreiben. Was werde denn nur aus den bayerisch-amerikanischen Beziehungen? Er sagt: „Wenn wir hier raus müssen, dann können wir den Laden dichtmachen.“

Die Entscheidung fiel am Dienstag: Das Bayerisch-Amerikanische Zentrum (BAZ) im Münchner Amerikahaus, dessen Direktor Lammersdorf ist, soll das schmucke Gebäude am Karolinenplatz 2013 verlassen, beschloss das Kabinett. Das Amerikahaus wird saniert, danach soll dort die Deutsche Akademie der Technikwissenschaften (Acatech) einziehen. Die Akademie ist eine hochkarätig besetzte Organisation aus Professoren und Managern. Unter anderem gehören ihr der BMW-Aufsichtsratsvorsitzende Joachim Milberg und Infineon-Chef Peter Bauer an.

Die Acatech ist derzeit vor allem in der Münchner Residenz untergebracht, die Räume sind aber zu klein. Offenbar erwog die Akademie deshalb, nach Hamburg umzuziehen. Das will Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) verhindern und ließ die bayerische Immobilienverwaltung nach einem Standort suchen, der den Ansprüchen genügt. Groß genug und zentral gelegen müsse er sein, sagt ein Sprecher von Acatech. Zudem brauche man ein „repräsentatives Gebäude“. Das scheint man nun gefunden zu haben.

Mit der Entscheidung für das Amerikahaus riskiert die Staatsregierung allerdings diplomatische Verwicklungen. Die Einrichtung gilt als wichtigstes Symbol für die bayerisch-amerikanischen Beziehungen. Nach der Befreiung durch die Amerikaner war sie zunächst im sogenannten Führerbau untergebracht und sollte den Deutschen die Demokratie nahe bringen. Das Gebäude am Karolinenplatz wurde 1957 eingeweiht. Nach dem Ende des Ost-West-Konflikts zog sich der US-Staat zurück, das BAZ übernahm den Betrieb. Im Haus gibt es eine Bibliothek, jährlich finden 200 kulturelle Veranstaltungen mit rund 50 000 Besuchern statt. Wo der Verein dieses Angebot weiterführen soll, ist unklar. Ein Standort werde gesucht, sagt Staatskanzleichef Marcel Huber (CSU).

Amerikanische Offizielle sind offenbar nicht begeistert von dem Beschluss der Staatsregierung. Er habe auf einen anderen Ausgang der Verhandlungen gehofft, sagt der US-Generalkonsul in München, Conrad Tribble. Der ehemalige US-Botschafter in Deutschland, John Kornblum, beklagt in einem Interview, dass die Bindung zu Amerika in Bayern „offenbar nicht mehr so stark ist“.

Lammersdorf will den Rauswurf nicht hinnehmen. Das Gebäude eigne sich für die Acatech überhaupt nicht, meint er – zu wenige Büros und zu viel Veranstaltungsfläche. Das Verhältnis sei in der ehemaligen Staatskanzlei, die zunächst ebenfalls in Betracht kam, viel besser. Nun soll dort stattdessen offenbar vielleicht sein BAZ einziehen. „Absurd“, sagt er. „Für uns gibt es zum Amerikahaus keine Alternative.“