Eichstätt
"Wir weihen keine Heiligen"

Eichstätter Bischof Hanke verteidigt Rückendeckung für umstrittenen Priesteranwärter

21.06.2017 | Stand 02.12.2020, 17:54 Uhr

Vor einer großen Zahl an Journalisten rechtfertigte Bischof Gregor Maria Hanke gestern seine Entscheidung, am Samstag in Eichstätt einen Mann zum Diakon zu weihen, der vor vier Jahren nach antisemitischen Äußerungen aus dem Würzburger Priesterseminar geflogen war. - Foto: Schneider

Eichstätt (DK) Vor knapp vier Jahren wurden antisemitische Vorfälle im Würzburger Priesterseminar bekannt. Zwei der Beteiligten flogen umgehend aus dem Seminar. Am Samstag wird einer von ihnen in Eichstätt zum Diakon geweiht. Der Zentralrat der Juden übte scharfe Kritik. Doch der Eichstätter Bischof steht zu seiner Entscheidung.

Nein, Antisemitismus und Rassismus habe in der katholischen Kirche nichts verloren, machte Bischof Gregor Maria Hanke gestern bei einer persönlichen Erklärung in Eichstätt deutlich. Er teile und unterstütze das Anliegen des Präsidenten des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, judenfeindlichen Strömungen entgegenzutreten. Dennoch: "Es muss ein Anliegen der Kirche sein, dass Menschen sich positiv verändern und entwickeln." So sehe er das auch bei jenem jungen Mann, dem er ein zweite Chance einräume. "Wir weihen keine Heiligen zu Diakonen, Priestern oder Bischöfen, sondern Menschen", sagte Hanke.

Der Kandidat, der derzeit in einer Ingolstädter Pfarrei eingesetzt ist, soll 2013 im Würzburger Priesterseminar mindestens drei Witze über die Konzentrationslager der Nationalsozialisten gemacht und Adolf Hitler imitiert haben. Die Kirche setzte eine Untersuchungskommission ein, der Mann flog hochkant aus dem Seminar. In seinem Heimatbistum Bamberg konnte er daraufhin nicht mehr unterkommen, er klopfte in Eichstätt an, weil er weiter den Wunsch verspürt habe, Priester zu werden, erklärte Hanke. "Uns vom Bistum und auch ihm war klar, dass wir uns mit einem Fehlverhalten nicht abfinden können."

Dass er ihn nun zur Weihe zugelassen habe und er so auch Priester werden könne, begründete Hanke auf der Grundlage einer Reihe von Maßnahmen: Der Betroffene habe eine psychotherapeutische Aufarbeitung gemacht, sei durch erfahrene Geistliche begleitet worden und habe in Schwabach eine Zeit lang seine Wohnung mit einem syrischen Flüchtling geteilt. "Bei all dem bewährte er sich." Es lägen Zeugnisse vor, die positiv ausfielen. Er habe nicht auf der Grundlage des vor vier Jahren angefertigten Untersuchungsberichts geurteilt - dessen Inhalt er nicht kenne -, sondern lediglich auf Basis der aktuellen Atteste. "2013 ist 2013 und 2017 ist 2017", sagte der Bischof. Er könne kein Psychogramm vorlegen, aber: "Ich gehe von einem Fehlverhalten aus, nicht von einer Grundhaltung." Auch der Schwabacher Domkapitular Alois Ehrl, der den Weihekandidaten bei einem Orientierungspraktikum begleitet hatte, sagte: "Ich kann nicht nachvollziehen, wie es zu den Vorfällen gekommen ist."

Der 2013 mit der Untersuchung der Würzburger Vorfälle beauftragte Berufsrichter Norbert Baumann erklärte hingegen gegenüber der Katholischen Nachrichtenagentur: Die Kommission habe damals nicht nur Fehlverhalten, sondern eine Fehleinstellung festgestellt. Für einen grundlegenden Einstellungswandel des Kandidaten sehe er bisher keine Belege, so Baumann.

Auf mehrfache Nachfrage, ob der Priesterkandidat ihm gegenüber Reue gezeigt habe, wollte der Bischof zunächst nichts sagen, erklärte aber dann: "Er hat sich distanziert, er will kein Antisemit und kein Neonazi sein." Nochmals darauf angesprochen schob Hanke nach: "Er hat das bereut, was er zu verantworten hat."

Der Präsident des Zentralrats der Juden, Schuster, indes zweifelt an der Eignung des Mannes, dem Hanke am Samstag in der Eichstätter Schutzengelkirche die Weihe spenden wird: "Gerade auf die Fragen, ob er Reue gezeigt habe, hat Bischof Hanke nur sehr zögerlich reagiert." Man hätte die damaligen Gutachter erneut hinzuziehen müssen: Sie hätten dem "Seminaristen eine höchst bedenkliche Grundhaltung, nicht einen Ausrutscher aufgrund von jugendlichem Leichtsinn attestiert". Der nun ausgestellte "Persilschein", so Schuster, sei inakzeptabel. Der Eichstätter Bischof habe bislang eigenen Angaben zufolge den Kontakt zu Schuster nicht gesucht. Ein Gespräch könnte aber zustande kommen, wie Schuster sagte: "Einem Gespräch mit Bischof Hanke würde ich mich nicht verschließen, wenn er mit einem entsprechenden Wunsch auf mich zukäme. Ob dies zu einem positiven Ergebnis in meinem Sinne führen würde, wage ich allerdings zu bezweifeln."