Eichstätt
Ohne wirtschaftliche Kenntnisse?

Finanzskandal im Bistum Eichstätt: Vita des Ex-Finanzdirektors und Formulierung in der Strafanzeige widersprechen sich

19.02.2018 | Stand 02.12.2020, 16:48 Uhr

Eichstätt (DK) Hätte der frühere Leitende Finanzdirektor des Bistums Eichstätt den Millionenbetrug seines Stellvertreters verhindern können? In der dazu bei der Staatsanwaltschaft eingegangenen Strafanzeige heißt es, der heute 67-jährige Mann sei ein Geistlicher "ohne tiefergehende wirtschaftliche Kenntnis" gewesen.

Ein Blick in seinen Werdegang spricht eine andere Sprache.

Der Priester, der aus dem Landkreis Roth stammt, war bis zu seinem Aufstieg in den engeren Machtzirkel des Bistums Eichstätt Gemeindepfarrer im Großraum Ingolstadt. 1997 holte ihn der damalige Bischof Walter Mixa dort weg und ernannte ihn zum Regens des Priesterseminars. Das ist in der kleinen bayerischen Diözese an der Altmühl nicht nur eine alte, ruhmreiche Stätte der Priesterausbildung. Vielmehr ist es auch ein Wirtschaftsbetrieb mit rund 40 Hausangestellten, Großküche, Tagungszimmern, Konferenzräumen - und dem an das Seminar angegliederten Juramuseum auf der Willibaldsburg.

2001 wechselt der Geistliche an die Spitze des Caritasverbands der Diözese. Er wird damit Chef eines großen Sozialbetriebs der katholischen Kirche - mit etwa 3000 Angestellten und einem jährlichen Millionenumsatz. Der Eichstätter Caritasverband unterhält mehrere Dutzend Altenheime im Diözesangebiet sowie Beratungsstellen. Nicht zuletzt deshalb empfiehlt sich der zu diesem Zeitpunkt ins Domkapitel berufene Priester offenbar für das Amt des Finanzdirektors der Diözese, als sich 2009 das altersbedingte Ausscheiden von Domkapitular Leodegar Karg ankündigt. Bischof Gregor Maria Hanke berief den bisherigen Caritasdirektor nach knapp acht Jahren an die Spitze der Finanzkammer - unter gleichzeitiger Ernennung zum Diözesanökonomen "nach den Vorgaben des Kirchenrechts", wie es in der Pressemitteilung vom 16. September 2010 heißt.

Der Ernannte selbst erklärte in einem Interview gegenüber den Bistumsmedien damals, dass ihm die Vorerfahrung als Caritasdirektor "eine Riesenhilfe" sei: "Das ist eine Aufgabe, bei der ich bereits die Verantwortung für einen großen Apparat hatte. Da habe ich gelernt, einen solchen Apparat zu führen. Und das Zweite: Bei der Caritas muss man auch sehr stark auf die Wirtschaftlichkeit schauen, um bei der organisierten Form der Nächstenliebe mit dem Geld zurechtzukommen. Diese Erfahrung hilft mir sehr, wenn ich nun meine neue Aufgabe (als Finanzdirektor, Anmerkung der Redaktion) übernehme."

Dennoch wollte man offenbar auf Nummer sicher gehen und stellte den künftigen Finanzdirektor von seinen Aufgaben frei - zur Vorbereitung auf die neue Aufgabe, wie die Pressestelle des Ordinariats am 26. April 2009 mitteilte. Ein Jahr lang sollte er sich, nach Informationen unserer Zeitung vornehmlich im Erzbistum Köln, auf die Herausforderung vorbereiten. Als Finanzdirektor wird er Mitglied mehrerer kirchlicher Aufsichtsräte - Kontrollgremien, die eine geordnete Verwendung der entsprechenden Gelder sicherstellen sollen. Darunter ist neben dem Caritasrat für den Caritasverband auch der des St. Gundekarwerks, der Wohnbaugesellschaft des Bistums Eichstätt.

Im Juli 2016 wählt ihn schließlich die Vertreterversammlung der Ingolstädter Brauerei Herrnbräu, die einen Jahresumsatz von gut 17 Millionen Euro ausweist, in ihren Aufsichtsrat. Das Gremium der Aktiengesellschaft wird von insgesamt drei Personen gebildet: einem früheren Genossenschaftsbankvorstand, einem Diplom-Ingenieur und dem früheren Finanzdirektor des Bistums Eichstätt.

Der 67-jährige Geistliche betonte immer wieder, dass es wichtig sei, mit dem Geld, das den Kirchen anvertraut ist, entsprechend umzugehen: Geld sei ein hochsensibles Thema in der Kirche, erklärte er etwa in einem Interview mit einem Hörfunksender. Da dürfte es kein Verschleiern oder Zurückhalten geben, "das fällt alles auf uns zurück". Mit Geld dürfe die Kirche "nicht zweideutig umgehen".