Dinkelsbühl
Streit um Wiederbelebung

Dinkelsbühls Bürgermeister möchte wieder einen Bahnanschluss – Skepsis in Feuchtwangen

12.12.2017 | Stand 02.12.2020, 17:05 Uhr

Dinkelsbühl (dpa) Seit Jahren kämpfen mehrere mittelfränkische Gemeinden um die Reaktivierung der Bahnstrecke von Dombühl nach Dinkelsbühl. Auch Bayern Innenminister Joachim Herrmann steht hinter dem Projekt. Zwei Kommunen sehen allerdings nur hohe Kosten und einen begrenzten Nutzen.¶

Reguläre Fahrgäste begrüßt das weiße Schild mit dem Schriftzug Dinkelsbühl am ehemaligen Bahnhof der westmittelfränkischen Stadt schon lange nicht mehr. Nur Museums- und Güterzüge rollen hier vorbei. Der Bahnverkehr auf der Strecke von Dombühl (Landkreis Ansbach) nach Nördlingen im schwäbischen Landkreis Donau-Ries brachte zu wenig Profit, 1985 war Schluss damit. Der Abriss des Bahnhofs in Dinkelsbühl folgte.
Doch seit Jahren kämpfen einige Gemeinden um die Reaktivierung der Bahnstrecke von Dombühl nach Süden über Feuchtwangen und Schopfloch ins 25 Kilometer entfernte Dinkelsbühl. Inzwischen gibt es Signale, dass auf der Strecke wieder Züge fahren könnten.
 
Doch nicht jeder ist von einer Wiederbelebung der Bahnstrecke begeistert. Feuchtwangens Bürgermeister Patrick Ruh (CSU) sagt: „90 Prozent der Bevölkerung haben keinen Vorteil durch einen Bahnanschluss.“ Die Leute müssten flexibel zu ihrer Arbeitsstelle kommen. „Was hilft es da, wenn einmal in der Stunde, der Zug hält?“, fragt Ruh. Er fürchtet, dass letztlich höhere Kosten entstehen als bisher auf dem Tisch liegen. Die Stadt hat 14 Bahnübergänge: Zu einem Drittel müsste sich Feuchtwangen an den Kosten von rund einer halben Millionen Euro pro Übergang beteiligen. Laut Ruh ist auch sein Amtskollege in Schopfloch, Oswald Czech, von den Plänen nicht begeistert.
 
„Wir haben über 2000 Gemeinden in Bayern. Ich schätze mal, jede würde sich über eine Bahnreaktivierung freuen. Aber ausgerechnet mein Nachbar nicht“, sagt Dinkelsbühls Oberbürgermeister Christoph Hammer (CSU) in Richtung von Patrick Ruh. Denn Hammer wünscht sich die Wiederbelebung der Strecke dringend. „Immer wieder werden wir von Touristen gefragt, warum es keine Zugverbindung nach Dinkelsbühl gibt“, sagt der Rathauschef. Denn der Tourismus boomt in der Stadt mit den romantischen Gässchen und schmucken Fachwerkhäusern. Im vergangenen Jahr zählte die Kommune mehr als 150 000 Übernachtungen, 2017 könnten es knapp 170 000 sein. Und im kommenden Jahr beginnen die Bauarbeiten für ein neues Hotel mit 150 Betten und Tagungsräumen.
 
Derzeit laufen zwischen dem Geschäftsführer der Tegernsee-Bahn, Heino Seeger, und der Bayerischen Eisenbahngesellschaft Gespräche über die Strecke. Seeger soll die Reaktivierung voranbringen. Es geht um Laufzeiten und Kosten. Die Strecke müsse in einem nicht unerheblichen Maße modernisiert werden, sagt Bayerns Innen- und Verkehrsminister Joachim Herrmann (CSU), der hinter der Bahnreaktivierung steht. Er rechnet frühestens im kommenden Jahr mit einem Ergebnis der Gespräche. In Betrieb gehen könne die Strecke frühestens 2022.
 
Auch Herrmann kennt die ablehnende Haltung des Feuchtwanger Bürgermeisters. „Die Reaktivierung der Bahnstrecke ist vom Landkreis Ansbach an uns herangetragen worden“, sagt er dazu nur. „Unsere Aufgabe war es zu schauen, ob die Reaktivierung angesichts der Zahl potenzieller Nutzer verkehrlich mit 1000 Fahrgästen pro gefahrenen Kilometer am Tag Sinn macht.“ Danach sei man zu dem Schluss gekommen, dass sich die Wiederbelebung lohnt.
 
Leutershausen westlich von Ansbach ist schon weiter. Mit dem Fahrplanwechsel am Sonntag rollen die ersten S-Bahnen von Nürnberg über Leutershausen-Wiedersbach nach Dombühl. Die S 4 fährt hier künftig im Zwei-Stunden-Takt. „Wir freuen uns riesig“, sagt Bürgermeisterin Sandra Bonnemeier (parteilos). Auch sie ist überzeugt, dass eine Bahnreaktivierung von Dombühl nach Dinkelsbühl ein wichtiges Signal für Westmittelfranken wäre. Bis dahin sollen mit dem S-Bahnverkehr abgestimmte Busse Dombühl mit den Städten Feuchtwangen, Dinkelsbühl und Rothenburg ob der Tauber verbinden.