Denkendorf
Mit zwei PS zum Titel

Der Denkendorfer Reinhard Hundsdorfer wird mit seinen Kaltblütern Europa-Vizemeister im Holzrücken

26.09.2016 | Stand 02.12.2020, 19:15 Uhr

Foto: Horst Richter

Denkendorf (DK) Wo andere mit schweren Maschinen agieren, rückt Reinhard Hundsdorfer mit seinen Kaltblütern an. Jetzt gewann der Denkendorfer mit seinen Holzrückepferden in Frankreich den Europa-Vizemeistertitel und darf sich mit dem Zweispänner neuerdings auch Bayerischer Landesmeister nennen.

Der gelernte Dachdecker aus dem Landkreis Eichstätt gilt seit jeher als Pferdefreund. "Als Junger bin ich aktiver Distanzreiter gewesen und war mit Araberpferden in ganz Deutschland unterwegs", erzählt der 50-Jährige. Die kürzesten Strecken gingen über 30 Kilometer, die längsten reichten an die 160 Kilometer heran - "alles an einem Tag". Reinhard Hundsdorfer betrieb sein Hobby nicht nur aus Spaß an der Freude, wie es so schön heißt, sondern durchaus ambitioniert. So gewann er 2001 über die 120-Kilometer-Distanz den bayerischen Meistertitel.

Irgendwann hatte er dann genug von nervösen Vollblütern. Vor acht Jahren war er mit zwei Freunden in die Karparten gefahren und hatte sich dort einen rumänischen Kaltblüter gekauft: die Stute "Carina". Die beiden anderen Männer besorgten sich ebenfalls Pferde, gemeinsam ging es anschließend drei Wochen lang im Sattel rund 400 Kilometer durch Rumänien - ein echtes Abenteuer. "Carina" war dem Denkendorfer danach so ans Herz gewachsen, dass er die Stute mit nach Deutschland nahm. Mit ihr, obwohl relativ klein für einen Kaltblüter, "bin ich zu den Arbeits- und Zugpferdeleuten gekommen".

Bald danach begann Hundsdorfer mit dem Holzrücken, einer Technik, die vor der Erfindung schwerer Maschinen weit verbreitet war, wenn die Waldbauern im Winter loszogen, um Bäume zu schlagen. Keine andere Rasse als die verschiedenen Kaltblüter eignet sich besser für diese Arbeit, denn die Tiere sind ebenso gutmütig wie kräftig. Mühelos ziehen sie die liegenden Stämme aus dem Unterholz, selbst wenn die Last eine halbe Tonne und mehr wiegt. Da gibt es kaum ein Halten, so ungestüm gehen sie mitunter ans Werk, fast so, als hätten sie selbst Freude daran.

Ohne die richtige Führung taugt indes das beste Pferd nichts. Reinhard Hundsdorfer hat sich inzwischen mit "Liesel" und "Norris" zwei süddeutsche Kaltblüter zugelegt, im Juni kam mit "Chuck" ein Noriker dazu, ein Gebirgskaltblutpferd. Mit den beiden "Süddeutschen" arbeitet er zurzeit am meisten, mit ihnen war er Ende August auch bei der Europameisterschaft im Holzrücken im französischen Magny-Cours. Dort holte er sich mit dem Zweispänner den Vizemeistertitel. "Es ist faszinierend, welchen Stellenwert die Arbeit mit Pferden in Frankreich im Alltag noch hat. Sie werden zum Mülleinsammeln, zur Grünpflege im Park und bei vielen anderen Gelegenheiten eingesetzt", sagt der Denkendorfer.

Das gefällt dem 50-Jährigen, denn er spannt seine Tiere so oft wie möglich ein - für Kutschfahrten, um Holz aus dem Wald zu holen oder den Mist wegzufahren. Er kann mit natürlicher PS-Stärke seine Wiese mähen oder pflügen, wie es früher üblich war. Reinhard Hundsdorfer macht außerdem gerne bei Festumzügen mit, ob nun in Ingolstadt, im Altmühltal, in Nördlingen oder sonst wo in Bayern. Nur gut, dass seine Frau Stefanie diese Leidenschaft teilt. Sie besitzt einen Haflinger namens "Strassburg", so getauft vom Vorbesitzer. Das Ehepaar ist viel gemeinsam unterwegs.

Bei den Holzrücketurnieren - Hundsdorfer hatte vor zehn Tagen bei Aschaffenburg den bayerischen Meistertitel gewonnen - ist ein rund 20-minütiger Parcours zu absolvieren. Stämme müssen um Hindernisse geschafft, gezogen, gedreht, gewendet und Rampen hinaufgewuchtet werden. Der 50-Jährige dirigiert "Liesel" und "Norris" weitgehend mit seiner Stimme oder per Zügel, wie er es oft genug auf einer Wiese in seinem Heimatort trainiert hat.

Im Winter stellt das Team aus Mensch und Tier sein Können auch gern in der Praxis unter Beweis. Wenn Waldbauern ihn anfordern, weil auf für Maschinen unzugänglichem Gelände Holz gerückt werden muss, kann der Dachdecker die ganze Kraft der Kaltblüter demonstrieren. Vor drei Jahren etwa war er in Buxheim, wo der moorige Boden an der Schutter keine andere Möglichkeit ließ, als auf die Tiere zurückzugreifen.

Um "seine" Denkendorfer an seinen Erfolgen teilhaben zu lassen, hatte er zuletzt ein Turnier im Ort veranstaltet, zu dem jeder Interessierte eingeladen war. Für den 50-Jährigen selbst gestaltet sich sein Hobby indes nicht ganz einfach. Er ist Pferdehaarallergiker und muss das Asthmaspray immer griffbereit halten. Aber deshalb aufhören? "Kommt ja überhaupt nicht in Frage", protestiert Hundsdorfer.