Denkendorf
Diskriminierung per Gesetz

Warum die Kasse den Kinderwunsch eines gleichgeschlechtlichen Paares aus Denkendorf torpediert

26.06.2017 | Stand 02.12.2020, 17:52 Uhr

Denkendorf (DK) Wenn Frauen mit Kinderwunsch nicht schwanger werden, hilft oft eine künstliche Befruchtung. Ein Kostenzuschuss der Krankenkasse ist aber nicht die Regel - zumindest nicht, wenn die Betroffenen in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung leben. Ein Paar aus dem Raum Denkendorf erzählt.

Der Wunsch nach einem Kind war schon bald aufgekommen, nachdem Anna D. vor gut drei Jahren geheiratet hatte. Nichts Ungewöhnliches für eine Frau Anfang 30. Nur dass die Sache sich eben etwas komplizierter gestaltete: Anna D. aus einem Denkendorfer Ortsteil im Kreis Eichstätt lebt in einer eingetragenen Partnerschaft mit einer Frau, mit Maria D. (beide Namen geändert). Aus dieser Beziehung können naturgemäß keine Kinder hervorgehen. Also dachten Anna und Maria an eine künstliche Befruchtung mit Spendersamen.

Der Fall ist doppelt kompliziert. Da ist zum einen die medizinische Seite. Das Paar hatte sich für Anna als Mutter entschieden, weil Maria (37), was ihr Geschlecht betrifft, sich stets im falschen Körper fühlte und eine Schwangerschaft aus diesem Grund ablehnt. Anna hingegen, heute 35 Jahre alt, würde gerne ein Kind austragen. Drei künstliche Befruchtungen ließ sie seit 2016 in Erlangen vornehmen, drei weitere in München, aber es klappte nicht. "Dabei war die Eizellenbildung hormonell angeregt worden, alles hätte gepasst", sagt sie.

Am Ende kam heraus, dass ihre Eileiter durch eine erhöhte Konzentration natürlicher Killerzellen (NK) in der Gebärmutter beschädigt sind. "Normal ist ein NK-Wert von 20, bei mir liegt er bei 70. Wir haben ihn auf 46 heruntergebracht, aber es hat nicht gereicht." Das Paar hat mittlerweile rund 11 000 Euro ausgegeben, ohne dass es zu einer Schwangerschaft gekommen wäre. "Nun denken wir über eine Befruchtung außerhalb des Körpers nach", sagen die beiden Frauen. Mediziner sprechen von In-vitro-Fertilisation, das Ganze erfolgt im Glas. Die befruchtete Eizelle wird dann in die Gebärmutter eingesetzt. Das kann bis zu 8000 Euro kosten.

Hier kommt die Krankenkasse als zweiter Aspekt ins Spiel. "Wir haben uns natürlich um einen Kostenzuschuss bemüht", erzählen Anna und Maria D. Vergeblich. Die AOK-Direktion Ingolstadt verweist in ihrer Ablehnung auf das Fünfte Sozialgesetzbuch. Aufgrund der darin verankerten Vorgaben "ist es leider keiner Krankenkasse erlaubt, bei einer gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft eine Kostenbeteiligung vorzunehmen", argumentiert sie.

Die Frauen wollen das nicht akzeptieren. "Wie kann es dann sein, dass die AOK in Baden-Württemberg laut ihrer Satzung 75 Prozent der Kosten bei den ersten drei Versuchen erstattet", fragen sie. Auch darauf gibt die AOK in Ingolstadt eine Antwort: "Wir müssen uns an die gesetzlichen Vorgaben oder an die Satzung halten", hieß es gestern. Die AOK-Bayern sehe diese Leistung für lesbische Paare eben nicht vor, deshalb könne man bei allem Verständnis für den Kinderwunsch keine Ausnahme machen. "Die Satzungsbestimmungen sind ganz individuell, jede Krankenkasse kann sie eigenständig regeln."

Das Paar hat inzwischen ein weiteres Schreiben an die AOK-Direktion aufgesetzt und will nicht aufgeben. Die Undurchlässigkeit ihrer Eileiter würde es auch in einer Ehe mit einem Mann unmöglich machen, ein Kind zu kriegen, es sei also eine medizinische Indikation für eine Kostenübernahme gegeben, argumentiert Anna D. Im Übrigen finde sie es diskriminierend, dass gleichgeschlechtliche Partner weniger Ansprüche haben als heterosexuelle Paare.

Ein anderer Nachbar Bayerns hat diesbezüglich bereits auf vorbildliche Weise Gleichberechtigung geschaffen. In Österreich können auch Frauen in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften nach dem 2015 geänderten Fortpflanzungsmedizingesetz 70 Prozent der Kosten für eine In-vitro-Fertilisation erstattet bekommen - unter anderem dann, wenn funktionsunfähige Eileiter die Ursache der Unfruchtbarkeit sind.