Berlin
Seehofer setzt auf Attacke - und führt AfD-Erfolg in Ingolstadt auf "Ingolstädter Situation" zurück

25.09.2017 | Stand 02.12.2020, 17:26 Uhr

Berlin (DK/dpa) Nach den massiven Verlusten bei der Bundestagswahl rumort es heftig in der Union. Die in Bayern abgestrafte CSU hält zwar an der Fraktionsgemeinschaft mit der CDU im Bundestag fest, will aber vor möglichen Koalitionsverhandlungen den künftigen Kurs mit der Schwesterpartei klären. Die AfD hat unterdessen ihren ersten Eklat.

CSU-Chef Horst Seehofer übernahm gestern bei einer Sitzung des CSU-Vorstands in München die Verantwortung für das schlechteste Ergebnis seit 1949 – ein Rücktritt ist für ihn aber derzeit kein Thema. „Wir wollen jetzt nicht einfach zur Tagesordnung übergehen“, sagte Seehofer nach der mehr als fünfstündigen Sitzung. CDU und CSU müssten noch vor den ersten Sondierungsgesprächen in Berlin eine Diskussion führen über ihren generellen Standort, „nämlich Mitte-Rechts“. Das starke Abschneiden der AfD in seiner Heimatstadt führte Seehofer am Abend in einer BR-Sendung auch auf die „Ingolstädter Situation der letzten Jahre“ und kommunalpolitische Probleme der CSU zurück.



Trotz der ungeklärten Kursbestimmung der Union will die CSU an der Fraktionsgemeinschaft mit der CDU im Bundestag festhalten. Er halte es nicht für den richtigen Weg, diese aufzukündigen, sagte Seehofer. Der Vorstand habe ihn einstimmig unterstützt. 

In der Union zeichnen sich allerdings Konflikte darüber ab, wie die zur AfD abgewanderten Wähler zurückzugewinnen sind. Dies könnte auch Gespräche über ein Jamaika-Bündnis mit FDP und Grünen erschweren. Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel will daher auch mit der koalitionsunwilligen SPD über eine Regierung sprechen. Sie verteidigte gestern ihre Migrations- und Flüchtlingspolitik, zugleich übernahm Merkel persönlich Verantwortung für die politische Polarisierung in Deutschland. 

Der große Wahlgewinner AfD steht derweil nach dem Triumph vom Sonntag vor einer Zerreißprobe. Der interne Streit der Rechtsaußen-Partei um eine bürgerliche oder national-völkische Ausrichtung eskalierte, als die Vorsitzende Frauke Petry überraschend eine Pressekonferenz mit den Spitzenkandidaten Alice Weidel und Alexander Gauland in Berlin verließ – und danach ankündigte, sie wolle nicht Mitglied der AfD-Bundestagsfraktion sein. Mehrere führende AfD-Politiker, darunter die Spitzenkandidatin Alice Weidel und der Co-Vorsitzende Jörg Meuthen, forderten Petry daraufhin auf, die Partei zu verlassen. 

Nach dem 20,5-Prozent-Desaster bei der Bundestagswahl will Parteichef Martin Schulz die SPD zumindest in Teilen neu aufstellen. Er schlug die amtierende Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) als künftige Vorsitzende der SPD-Fraktion vor.  Eine erneute große Koalition schloss der unterlegene Spitzenkandidat auch nach Merkels Gesprächsangebot aus.