Bad
Provokation Richtung Kloster Banz

SPD hat bei Herbstklausur einen CSU-Feind zu Gast Rinderspacher warnt vor einem autoritären Bayern

21.09.2016 | Stand 02.12.2020, 19:17 Uhr

Bad Aibling (DK) Die SPD hat sich mit Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn einen der derzeitigen CSU-Lieblingsfeinde zur Klausur eingeladen. Der nimmt statt der Staatsregierung zwar lieber die Osteuropäer ins Visier, an Kritik an der CSU mangelt es in Bad Aibling aber dennoch nicht.

Die CSU hat in diesem Jahr bei ihrer Herbstklausur auf Provokationen verzichtet - zumindest, was die Auswahl ihrer Gäste anbelangt. CDU-Politiker und Behördenchefs statten der Fraktion Besuche ab. Aufsehenerregende Personalien wie Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban oder der damalige britische Premier David Cameron, die bei zurückliegenden CSU-Tagungen dabei waren, suchte man diesmal vergebens auf der Gästeliste.

Für provokante Einladungen fühlte sich diesmal die SPD zuständig. So muss es zumindest aus Sicht der CSU aussehen. Denn kaum einer sorgt bei den Christsozialen derzeit für so viel Kopfschütteln wie der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn mit seinen Äußerungen zu einem EU-Rausschmiss Ungarns oder zur türkischen Visafreiheit.

Dass Asselborn gestern bei der SPD-Klausur in Bad Aibling zu Gast war, wollte Fraktionschef Markus Rinderspacher dann auch genau so verstanden wissen: als klaren Kontrapunkt zu den früheren CSU-Gästen. Asselborn stehe für ein Europa der Werte. Die CSU schlage dagegen einen Weg der Renationalisierung ein. Das Hofieren von "Europazerstörern" wie Orban, Putin oder Cameron "war schädlich für Bayern", kritisierte Rinderspacher. Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) wolle nicht, dass Deutschland Deutschland bleibe. "Die CSU möchte aus Deutschland und Bayern ein anderes Land machen, nämlich ein autoritäres, nationalkonservatives Land", erklärte der SPD-Fraktionsvorsitzende. Seehofer übernehme kritiklos "kulturkämpferische Rhetorik" aus Ungarn und Polen und Ideen wie Attacken auf die beiden öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, die Seehofer zusammenlegen will.

Auch Asselborn warnte vor einem Kulturkampf in Europa und rief die Staaten auf, sich auf die "Urwerte, die Europa zusammenhalten", zu besinnen. Er plädierte für ein einheitliches europäisches Asylsystem mit gemeinsamen Finanzmitteln, einheitlichen Asylverfahren und -dauern sowie einer festen Verteilung von Flüchtlingen. "Was wird mit Ländern, die absolut nicht folgen können? Ich glaube, diese Frage muss man den Ländern stellen: Sind sie dann noch Mitglied der europäischen Wertegemeinschaft", sagte er. Wer sich hier ausklinke, klinke sich allgemein aus der europäischen Solidarität aus. Den von den sogenannten Visegrad-Staaten Polen, Tschechien, Ungarn und Slowakei eingebrachten Begriff der "flexiblen Solidarität" lehnte er ab und warnte, dass dann bald flexible Rechtsstaatlichkeit und Pressefreiheit folgen würden. Auf Solidarität müsse man sich verlassen können, sagte Asselborn und forderte, dass Staaten, die weniger Flüchtlinge aufnehmen, sich zumindest in anderen Bereichen wie dem Schutz der EU-Außengrenzen stärker engagieren müssten. Er kritisierte, dass verschiedene Politiker Europa zugunsten nationaler Interessen schwächen wollten und warnte: "Wir machen ein politisches Verbrechen für die kommenden Generationen."

Zweiter Gast des gestrigen Klausurtages war SPD-Bundesgeneralsekretärin Katarina Barley, die ebenfalls die CSU ins Visier nahm und dieser vorwarf, "tief in die rechtspopulistische Kiste" zu greifen. "Die CSU fängt jetzt auch an, sich selbst zu zerlegen." Selbst die Kirchen würden sich immer weiter von ihr distanzieren, sagte sie mit Blick auf den Streit um die Äußerungen von CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer zur Integration von Flüchtlingen.

Die Generalsekretärin der Bayern-SPD, Natascha Kohnen, glaubt, dass die CSU durch ihre Rhetorik viele ihrer eigenen Wähler verprelle. Durch Scheuers Einlassungen zu "fußballspielenden, ministrierenden Senegalesen" sei die Stimmung nun endgültig gekippt.