Bad
Söder setzt auf "Bayern pur"

Nach der Winterklausur in Kloster Banz ist unübersehbar, wie sich die Machtzentren der CSU verschoben haben

18.01.2018 | Stand 02.12.2020, 16:56 Uhr

Bad Staffelstein (DK) "Die Amtsübergabe von Horst Seehofer auf Markus Söder hat noch nicht stattgefunden. Aber die Macht liegt schon in Söders Hand. Das war deutlich spürbar." So lautet das Resümee eines CSU-Landtagsabgeordneten nach drei Tagen Klausur im oberfränkischen Kloster Banz. In der Tat: Während CSU-Parteichef und Noch-Ministerpräsident Seehofer sich auf einen vergleichsweise kurzen Besuch bei den übrigen 100 CSU-Landtagsabgeordneten beschränkte, stand Söder die ganzen Tage über deutlich im Mittelpunkt - er führte von morgens bis spätabends viele Gespräche mit Ministern, Staatssekretären und Fachpolitikern und vergab Aufträge.

Die Machtzentren der CSU haben sich seit dem Parteitag im Dezember, über Weihnachten und Neujahr verschoben. Bayern beginnt sich auf Söder auszurichten. Das Kabinett Söder, da sind sich Beobachter und Fraktionsmitglieder in der Einschätzung einig, wird vorerst im Wesentlichen das alte Kabinett Seehofer sein. Denn würde Söder sich gleich an Themen wie Verjüngung, mehr Frauen und einen neuen Zuschnitt der Ressorts machen, würde zum einen kostbare Zeit im Wahlkampf verbraucht, zum anderen könnten enttäuschte Aspiranten nicht mit vollem Elan zu Werke gehen.

Ohnehin gilt: Nach der Landtagswahl im Oktober werden die Karten völlig neu gemischt, womöglich könnte die CSU, die derzeit in Umfragen bei rund 40 Prozent steht, auf einen Koalitionspartner angewiesen sein, der Anspruch auf bestimmte Ministerien erheben würde - und so das schönste, fein austarierte Personaltableau von Söder wieder zunichtemachen könnte.

Das andere CSU-Machtzentrum ist - unübersehbar - Berlin, die künftige Haupt-Wirkungsstätte für Seehofer. In Bayern will er sich schon jetzt nicht mehr einmischen, Söders Vorstoß, die Amtszeit bayerischer Ministerpräsidenten auf zehn Jahre zu begrenzen, wollte er nicht einmal kommentieren. Söder seinerseits versucht, sich nicht in Berliner Dinge einzumischen. Für beide gilt der Zusatz: vorerst. Flankiert wird Seehofer in Berlin vom neuen Vorsitzenden der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Alexander Dobrindt. Der zeigt schon jetzt eine ganz andere Führungskultur als seine Vorgängerin Gerda Hasselfeldt, die mit der Bundestagswahl ausgeschieden ist. Sie war der moderierende Typ, die durch ihre spezielle Nähe zu Bundeskanzlerin Angela Merkel viele Dinge lautlos geregelt hat. Manchen in der CSU war es zu lautlos. Dobrindt ist lauter, wenn es darum geht, die konservativen, bürgerlichen Wähler anzusprechen, und schneidend bissig, wenn es gegen andere Parteien geht.

Der dritte im Berliner Triumvirat ist Andreas Scheuer, CSU-Generalsekretär und einer der heißesten Anwärter auf jedweden Ministerposten in Berlin, sollte es tatsächlich zu einer neuen Bundesregierung kommen. Scheuer ist mit seinen erst 43 Jahren endgültig ins oberste Machtzentrum der CSU aufgerückt - und eine der größten Zukunftsoptionen der Partei. Egal, wo.

"Berlin macht Berlin, München macht München", sagte Söder - wollte das aber keinesfalls als Abgrenzung gegen Seehofer, Dobrindt und Scheuer verstanden wissen. Diese seien vielmehr eine "Mischung aus Aufbruch und Stabilität". Es gebe eine "tiefe Grundübereinstimmung des politischen Koordinatensystems". Und das sei gut, schließlich wolle er "keinen Wahlkampf gegen Berlin führen", sondern ein "Gleichlaufen der Agenda". Söder: "Wir wollen Bayern pur machen."

Söder, dem viele nachgesagt haben, er sei eigentlich ein Einzelkämpfer, der Bündnisse nur eingehe, wenn es ihm diene, will die CSU in Bayern nun wieder zu einer Truppe mit klarer, gemeinsamer Marschrichtung formieren. Er will den Korpsgeist stärken.

Seehofer, der stets selbstbewusst betonte, er habe eine "Koalition mit dem Bürger", musste feststellen, dass die Bürger plötzlich die Koalition mit ihm gekündigt haben. Söder gibt sich da bescheidener.

"Es ist jetzt wirklich Aufbruchstimmung da. Aus Seehofers Ein-Mann-Show wird jetzt wieder ein Team", findet ein Abgeordneter.