Augsburg
Taktische Manöver zum Prozessauftakt

Im Verfahren gegen den Ex-Media-Markt-Geschäftsführer zweifeln die Verteidiger an der Neutralität des Gerichts

06.06.2012 | Stand 03.12.2020, 1:24 Uhr

Der Angeklagte Michael Rook (links). - Foto: Richter

Augsburg (DK) Zwei Befangenheitsanträge gegen die Besetzung des Gerichts bestimmten am Mittwoch den Prozessauftakt gegen den Ex-Media-Markt-Geschäftsführer Michael Rook. Er wird der Bestechlichkeit beschuldigt; mit ihm sitzen fünf weitere Männer auf der Anklagebank.

Der einstige Deutschlandchef des Media Markts und die Mitangeklagten waren von Polizisten durch die Hintertür in den Gerichtssaal in Augsburg geführt worden. Sie sitzen alle in verschiedenen bayerischen Gefängnissen in Untersuchungshaft, einige schon seit vergangenem Oktober. Rook war die psychische Belastung anzusehen. Er wirkte grau und mitgenommen, nur manchmal huschte ein Lächeln über sein Gesicht.

Noch bevor Staatsanwalt Johannes Ballis die Anklage verlesen konnte, lehnte einer der Verteidiger, Marc Langrock aus Hamburg, die 10. Strafkammer um den Vorsitzenden Richter Wolfgang Natale wegen Befangenheit ab. Was der Anwalt auf 47 Seiten begründete, lässt sich kurz so zusammenfassen: In Vorgesprächen mit den Beschuldigten hatte Richter Natale nach einer vorläufigen Würdigung der Aktenlage den einzelnen Angeklagten Strafen in Aussicht gestellt, die einen gewissen „Rabatt“ beinhalteten, sollten im Prozess jeweils volle Geständnisse kommen.

Langrocks Mandant Dennis G., der durch die Machenschaften einen Umsatz von rund 15 Millionen Euro über die Media-Markt-Kette gemacht und rund 1,5 Millionen Euro Schmiergelder bezahlt haben soll, kam dabei mit den angebotenen vier Jahren ebenso gut oder schlecht weg wie der Media-Markt-Regionalmanager Bruno H., der die illegalen Aktionen laut Anklage eingefädelt haben soll. Bei ihm soll es um 65 Millionen Euro Umsatz und eine Bestechungssumme von fünf Millionen Euro gehen, wie D.s Verteidiger vorrechnete. „Da stimmt doch das Verhältnis nicht.“ Noch dazu sei sein Mandant zu den Zahlungen erpresst worden, was das Gericht aber nach seinen Angaben als „fern liegend abtut. Wir müssen also befürchten, dass die Kammer unseren Einwänden kein Gehör schenken wird“, sagte Marc Langrock.

Nach mehrstündiger Unterbrechung wies die Strafkammer den Antrag Langrocks zurück, weil es sich bei den Absprachen nur um vorläufige Aussagen handele, die bei geänderter Sachlage jederzeit revidiert werden könnten, hieß es sinngemäß. Doch das Verfahren kam nicht mehr in Fluss, da Rooks zwei Verteidiger nun ihrerseits einen Befangenheitsantrag stellten. Das Angebot einer milderen Strafe an Bruno H. ziele klar darauf ab, den früheren Media-Markt-Chef durch dessen Aussagen zu belasten, während der Regionalmanager sich elegant aus der Affäre ziehen könne. Rook habe kein Geld genommen, hieß es am Rande noch. Die Strafkammer setzte die Verhandlung daraufhin aus, Fortsetzung ist am 26. Juni.

Gewerbs- und bandenmäßige Bestechung und Bestechlichkeit – davon geht die Staatsanwaltschaft aus. Ausgang der angeblichen Machenschaften war demnach ein 2005 dem Geschäftsführer Rook vorgelegtes Konzept zum Vertrieb von DSL-Verträgen in den Media Märkten. Regionalmanager Bruno H. soll seinen Bekannten Peter N., der in der Promotion tätig war, darauf aufmerksam gemacht haben. N. wollte laut Vorwurf die Aufträge exklusiv erhalten und soll H. Geld für die Vermittlung geboten haben. Als der Regionalmanager bei Rook vorfühlte, soll der Geschäftsführer von sich aus zugestimmt, aber die Zahlung von Schmiergeldern zur Bedingung gemacht haben – obwohl beide angeblich wussten, dass es bessere und billigere Mitbewerber gab. Zwischen 2005 und 2011 sollen N. und ein weiterer Beschuldigter genau 4 962 967,82 Euro an den Regionalmanager und den Geschäftsführer von Media Markt bezahlt haben. Die übrigen Angeklagten sollen an den Machenschaften beteiligt gewesen sein. Gegen drei weitere Tatverdächtige, darunter die Ehefrau des Regionalmanagers, läuft ein separates Verfahren.