Augsburg
Tierische Rasenmäher

Im Augsburger Stadtwald helfen seltene Przewalski-Pferde bei der Rettung der Artenvielfalt

29.06.2015 | Stand 02.12.2020, 21:08 Uhr

Die Stars des Stadtwalds: Die drei Przewalski-Pferde Marlon, Solongo und Xaran haben viel Freiheit in ihrem 30 Hektar großen Gehege bei Königsbrunn. Im Oktober sollen zwei weitere Tiere hinzukommen. - Fotos: Wenisch

Augsburg (DK) Im Augsburger Stadtwald herrscht eine außerordentliche Artenvielfalt. Möglich machen das unter anderem besonders seltene Tiere: die Przewalski-Pferde.

Sie sind die Publikumslieblinge in dem Naturschutzgebiet und für das dortige Beweidungsprojekt unverzichtbar. Bei dem nasskalten Wetter haben sich Marlon, Solongo und Xaran in den Wald zurückgezogen und gut versteckt. Nach etwa zehn Minuten sind sie dann aber doch zwischen den Bäumen in ihrem 30 Hektar großen Gehege im Süden des Augsburger Stadtwalds zu sehen: die drei Przewalski-Pferde – die Stars des Stadtwalds.

Und sie sind mit dem beschäftigt, weshalb sie hier sind: Fressen. Seit 2007 sind die äußerst seltenen Wildpferde in dem Naturschutzgebiet, das mit 23 Quadratkilometern zu den größten in Bayern zählt, angesiedelt. Sie sind Teil eines europaweiten Zuchtprogramms, mit rund 70 Standorten und 500 Tieren.

Der Zuchtgedanke spielt in Augsburg aber nur eine untergeordnete Rolle, schließlich gibt es hier ausschließlich Przewalski-Hengste, die später an Zoos weitergegeben werden. Vielmehr sind die Pferde hier als tierische Rasenmäher im Einsatz: „Przewalski-Pferde fressen das Gras bis auf wenige Zentimeter ab. Sie helfen uns damit, die Verbuschung des Ökosystems der lichten Kiefernwälder zu verhindern“, erklärt Norbert Pantel vom Landschaftspflegeverband Stadt Augsburg, der das Projekt leitet.

Und das ist für den Lebensraum vieler Tiere und Pflanzen und damit auch für die Artenvielfalt im Naturschutzgebiet von entscheidender Bedeutung. „Die Zahl der Arten hat sich im Pferdegehege durch die Beweidung signifikant erhöht“, sagt der Biologe. So habe beispielsweise die Zahl der Großen Kerbameisen, die auf der Roten Liste bedrohter Arten stehen, deutlich zugenommen. Die Heiden und Kiefernwälder des Beweidungsprojekts nehmen laut Pantel nur zehn Prozent der Fläche des Stadtwalds ein. Dennoch konzentrieren sich dort mehr als die Hälfte der geschätzt 3000 vorkommenden Arten.

Um möglichst vielen Tieren und Pflanzen einen Lebensraum zu bieten, werden nicht nur die Pferde eingesetzt. Manche Wiesen werden zu bestimmten Zeitpunkten gemäht, andere von Schafen abgegrast. Durch die Begradigung des Lechs, den Bau von Siedlungen und die Abnahme der Beweidung sind in den vergangenen Jahrzehnten viele Heiden in der Gegend verschwunden. Klassische Heide- und Kiefernwaldarten sollen sich durch das Naturschutzprojekt nun wieder etablieren.

Einer der Nutznießer der Bemühungen ist die Sumpfgladiole. „Sie ist neben den Pferden eine der Hauptattraktionen im Stadtwald“, betont Pantel. Denn nirgendwo in Europa blühen so viele Exemplare wie auf der Königsbrunner Heide. Ende Juni und Anfang Juli sorgen etwa 400 000 Exemplare für eine violette Blumenwiese. „Das zieht jedes Jahr viele Besucher an, einige kommen von weither angereist“, berichtet Pantel.

Insgesamt besuchen jährlich etwa eine dreiviertel Million Menschen den südlichen Stadtwald. Im Herbst bekommen die Besucher weitere Attraktionen zu sehen. Denn im Oktober sollen zwei neue Przewalski-Pferde ins Gehege einziehen.