Augsburg
Reißt das teure Tischtuch?

Augsburger Kreisausschuss hat der Tarifreform des AVV zugestimmt Kritik an einigen Änderungen

20.06.2017 | Stand 02.12.2020, 17:55 Uhr

Nach der Tarifplanreform müssen Kunden tiefer in die Tasche greifen. Deutlich teurer sollen in Zukunft zum Beispiel die Einzelkarten für die Verkehrsmittel des AVV werden. - Foto: Deibl

Augsburg (SZ) Einfacher, gerechter, sozialverträglicher und übersichtlicher - so soll der neue Tarifplan des AVV nach der Reform zum 1. Januar 2018 aussehen.

Zumindest wenn man der Beschlussvorlage Glauben schenkt, der die Mitglieder der Kreisausschüsse aus den Landkreisen Augsburg, Aichach- Friedberg und Dillingen sowie dem Wirtschaftsausschuss der Stadt Augsburg gestern zugestimmt haben. Auf Protest stießen im Ausschuss besonders die deutlichen Erhöhungen für Einzelfahrten und die Einschränkungen bei günstigen Abos. Vor allem Vielnutzer sollen von dem neuen Tarifplan profitieren. Auf die Art wolle der AVV die Kundenbindung stärken, erläutert Johann von Aweyden, der als Projekt Manager der BSL Transportations Consultants die Planungen zur Tarifreform betreut. So soll es künftig statt verschiedener günstiger Abos nur noch ein Spar-Abo geben, das in den Zonen 10 und 20 bereits ab 30 Euro erhältlich ist. Allerdings - und das wurde von einigen Kreisausschussmitgliedern vehement kritisiert - ist das Abo an Werktagen erst ab 9 Uhr gültig. Wem das zu spät ist, der muss auf das Basis-Abo zurückgreifen, das mit 50 Euro dem derzeitigen Umwelt-Abo entspricht.

"Der alleinerziehenden Mutter, die morgens ihren Job als Kassiererin antreten muss, bringt ein günstiges Ticket, das erst ab 9 Uhr gilt, gar nichts", monierte etwa Margarete Heinrich, SPD-Fraktionsvorsitzende im Augsburger Stadtrat. Auch Marion Brülls Grünen-Stadträtin im Friedberger Stadtrat fordert ein günstiges Abo, das von jeglichen zeitlichen und örtlichen Grenzen befreit ist. Ihr Vorschlag: Das Ticket soll im Halbjahresrhythmus immer um 30 Minuten früher gültig sein.

Beanstandet wurde auch, dass die günstigeren Abos nur durch deutliche Preiserhöhungen bei Monats- und Einzelkarten möglich sind. So soll etwa eine Einzelfahrt künftig 1,45 Euro pro Zone kosten. Das Augsburger Stadtgebiet gilt dabei automatisch als Doppelzone, da "sich bislang viele Kunden nicht merken können, wo die Zonengrenze verläuft", wie von Aweyden erklärt. Für Harald Güller, SPD-Kreistagsabgeordneter für den Landkreis Augsburg, kein überzeugendes Argument: "Man kann doch nicht einfach sagen, ihr wisst nicht, wo die Grenze ist, drum schaffen wir sie ab und machen es gleich doppelt so teuer." Auch Xaver Hörmann, Kreistagsabgeordneter der Unabhängigen aus Aichach, bemängelte die teils deutlich teureren Einzelfahrkarten. "In der Preisstufe 12 kostet eine Einzelfahrt nach der Reform 17,40 Euro", rechnet er vor. " Dafür kann ich mit einem Sparangebot der Bahn durch halb Deutschland fahren."

Ihm sei klar, dass die Doppelzone und die teureren Einzelfahrten nicht auf Begeisterung stießen, so von Aweyden, doch man müsse nun mal ein Gleichgewicht zu den günstigen Abos schaffen. Er vergleicht die Reform mit einem Tischtuch. "Wenn man an allen Seiten zieht, wird es nicht größer, sondern reißt irgendwann." Für den Ausgleich von erwarteten Rückgängen bei den Fahrgeldeinnahmen in Folge der Reform sieht der Wirtschaftsplan des AVV einen Risikoausgleich in Höhe von bis zu 650 000 Euro jährlich vor. Dieser soll über sechs Jahre abgeschmolzen werden.

Der Kreisausschuss stimmte der Tarifreform mit einigen Gegenstimmen zu. Als weiterer Punkt wurde in die Beschlussvorlage aufgenommen, dass in zwei Jahren eine Evaluation erfolgen soll. Dann soll geprüft werden, ob die Reform tatsächlich Ziele wie eine bessere Übersichtlichkeit und Sozialverträglichkeit erfüllt.