Bluttat von München: Amoktat eines 18-jährigen Einzeltäters

23.07.2016 | Stand 02.12.2020, 19:30 Uhr

München (AFP) Ein 18-jähriger Einzeltäter ohne terroristischen Hintergrund hat die Bluttat von München verübt. Nach Angaben der Polizei vom Samstag hatte sich der Deutsch-Iraner, der am Freitagabend zunächst neun Menschen und dann sich selbst erschossen hatte, mit dem Thema Amoklauf beschäftigt. Bei den Opfern des Angriffs handelte es sich zu einem großen Teil um Menschen ausländischer Herkunft, fast alle waren Jugendliche.

Der 18-jährige Schüler David Ali S. war den Ermittlern zufolge offenbar wegen einer Depression in Behandlung. Hinweise auf einen islamistischen Hintergrund oder einen Bezug zur Dschihadistenorganisation Islamischer Staat (IS) gebe es nicht, sagte der Münchner Polizeipräsident Hubertus Andrä. Es handele sich um einen "klassischen Amoktäter" ohne erkennbare politische Motivation, sagte Thomas Steinkraus-Koch von der Staatsanwaltschaft München I.

Nach Angaben des bayerischen Landeskriminalamts und Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) gibt es Hinweise darauf, dass der Täter einen Facebook-Account geknackt hat, um gezielt Jugendliche zu der McDonalds-Filiale nahe des Olympia-Einkaufszentrums im Norden Münchens zu locken.

Befragungen der Einsatzbeamten ergaben laut Polizei, dass der Täter sich nach einem Kontakt mit Streifenbeamten getötet habe. "Als Reaktion auf die Ansprache der Beamten zog er unvermittelt seine Schusswaffe, hielt sie sich an den Kopf und erschoss sich", hieß es.

Drei der Opfer waren Kosovo-Albaner, drei weitere Türken und eines Grieche. Es handelte sich größtenteils um junge Menschen. Acht der Getöteten waren nach Angaben der Polizei zwischen 14 und 20 Jahre alt. Das neunte Opfer war 45 Jahre alt. Es gab demnach drei weibliche Opfer. Ob der Täter gezielt auf ausländisch aussehende Opfer schoss, muss den Ermittlern zufolge noch geklärt werden.

Der griechische Muslim und Abgeordnete Ilhan Ahmet erklärte über den Kurznachrichtendienst Twitter, das griechische Opfer habe der muslimischen Minderheit angehört. Der griechische Regierungschef Alexis Tsipras erklärte, angesichts des griechischen Opfers müsse sein Land "noch mehr kämpfen, um Hass und Terrorismus in Europa auszulöschen".

Nach Angaben de Maizières wurde bei dem 18-jährigen Todesschützen Material gefunden, aus dem sich ergebe, dass der junge Mann sich für den Amoklauf von Winnenden, aber auch für die Tat des norwegischen rechtsextremen Attentäters Anders Behring Breivik interessiert habe. Ein Zusammenhang mit dem internationalen Terrorismus sei nicht erkennbar. Es habe bei den Sicherheitsbehörden auch keine staatsschutzrelevanten Erkenntnisse über den jungen Mann gegeben.

Der Deutsch-Iraner nutzte für seine Tat eine 9mm Glock-Pistole. Diese habe der 18-Jährige offenbar illegal besessen, da die Seriennummer der Waffe ausgefeilt war, sagte Heimberger. Wo die Waffe herkommt, ist den bisherigen Erkenntnissen zufolge noch offen.

Der Täter lebte gemeinsam mit seinem Bruder und den Eltern in einer Wohnung in München. Die Wohnung ist von der Polizei durchsucht worden. Dabei wurden auch Materialien aus dem Zimmer des Täters sichergestellt.

Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) kündigte einen Trauerakt für den 31. Juli im bayerischen Landtag an. Aus Respekt vor den neun Todesopfern sagte die Landesregierung den Festakt zur Eröffnung der Bayreuther Festspiele am Montag ab.

Seehofer sprach von einem "schweren Schicksalsschlag für alle in ganz Bayern". Die weltweiten Reaktion zeigten, "wir sind in unserer Trauer in diesen schweren Stunden nicht allein". De Maizière wurde am Samstag von Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) in München empfangen. Beide sprachen den Angehörigen der Opfer ihr Mitgefühl aus und lobten den Einsatz der Polizei.