Aichach
Rechtsanwalt veruntreut Gelder

Aichacher zu zwei Jahren auf Bewährung verurteilt – Finanzieller Ruin

18.11.2014 | Stand 02.12.2020, 21:58 Uhr
Symbolbild Gericht −Foto: Martin Schutt (dpa-Zentralbild)

Aichach (DK) „Das ist nicht nur ihr wirtschaftlicher, es ist auch ihr sozialer Tod in Aichach“, erklärte gestern Richterin Sabine Igloffstein einem Aichacher Rechtsanwalt. Sie verurteilte den 61-Jährigen wegen Untreue in 22 Fällen zu zwei Jahren Haft, ausgesetzt zur Bewährung, sowie 160 Stunden gemeinnütziger Arbeit.

Das Urteil, das gestern in Aichach fiel, ist rechtskräftig, aller Wahrscheinlichkeit nach wird der Advokat seine Zulassung verlieren.

Oberstaatsanwalt Günther Zechmann benötigte einige Zeit, um die lange Anklageschrift zu verlesen. 22 Fälle von Untreue warf er dem Rechtsanwalt vor. Er hatte Mandantengelder für sich behalten. Alles kam auf, als eine Familie, deren Sohn bei einem Unfall schwer verletzt worden war, sehr lange auf das erstrittene Schmerzensgeld wartete. Der Rechtsanwalt vertröstete sie jahrelang. Irgendwann fragten die Leute selbst bei der Versicherung nach und erfuhren, das Geld sei längst überwiesen. Es ist üblich, dass Rechtsanwälte derartige Zahlungen auf ein Fremdgeldkonto erhalten und von dort aus binnen 14 Tagen an die Klienten weitergeben.

Die Familie wandte sich an die Staatsanwaltschaft. Zechmann ging der Sache nach. Er ließ das Privathaus und die Kanzlei des Advokaten durchsuchen. „Der Angeklagte zeigte sich sehr kooperativ und druckte eine Liste aus mit Namen und Summen, was er noch schuldete.“

Zu den Gläubigern gehören auch die Aichacher Baugenossenschaft, die Brauerei Kühbach und die Schloss Blumenthal GmbH. Es kam eine Summe von über 200 000 Euro zusammen, nur aus den Fällen, die der Staatsanwalt schließlich anklagte. Außenstände unter 1000 Euro ließ er weg, zudem waren zahlreiche Fälle bereits verjährt.

Der Angeklagte selbst stellte sich seiner Schuld. „Ich schäme mich bodenlos“, bekannte der 61-Jährige. Er berichtete, wie eine Lawine ins Rollen gekommen sei, nachdem er im Jahr 2000 einen Schlaganfall erlitten hatte. Danach habe er nicht mehr mit voller Kraft arbeiten können und viele Mandate verloren. Dennoch habe sich die restliche Arbeit gestapelt. So habe er 2011 zwischendurch einen weiteren Anwalt eingestellt. Der habe zwar vieles weggearbeitet, aber weitere Kosten verursacht. Er verließ die Kanzlei wieder. Und die Verbindlichkeiten stiegen. Teilweise gab er sogar Kleckerlesbeträge nicht an die Mandantschaft weiter.

Um den Schaden wiedergutmachen zu können, löste der Jurist alle seine Lebensversicherungen auf und verkaufte, während das Ermittlungsverfahren gegen ihn lief, sein Haus. Das verunsicherte seine Gläubiger und die Staatsanwaltschaft. Man befürchtete, der 61-Jährige, der Verwandtschaft im Ausland hat, wolle sich absetzen. Momentan sind noch etwa 25 000 Euro offen, die sich auf vier Gläubiger verteilen. Mit einem Darlehen aus der Familie will er sie bis Jahresende befriedigen. Selbst hat er gar nichts mehr, noch nicht einmal eine Pension zu erwarten, denn er hat nie in eine Rentenkasse eingezahlt.