Abensberg
"Wir dürfen nicht nur Zuschauer sein"

Abensbergs Bürgermeister Uwe Brandl spricht künftig für alle kleineren Kommunen in Deutschland

20.06.2017 | Stand 02.12.2020, 17:55 Uhr

Abensberg (DK) Der bayerische Gemeindetagspräsident Uwe Brandl (CSU) soll - wie bereits kurz gemeldet - zum 1. Januar 2018 auch Präsident des Deutschen Städte- und Gemeindebundes werden. Bürgermeister seines Heimatorts Abensberg im Landkreis Kelheim ist der 57-jährige Jurist seit 1993, nächsten Monat stellt er sich zur Wiederwahl für seine fünfte Amtszeit. Wir haben mit ihm über die Lage der kleineren Kommunen gesprochen.

Herr Brandl, Glückwunsch zum neuen Amt. Eine der drängendsten und teuersten Aufgaben der Gemeinden ist die Bewältigung der Flüchtlingskosten - doch nächstes Jahr laufen die dafür den Kommunen bereit gestellten Bundesmittel aus. Wie geht es danach weiter?

Uwe Brandl: Wir hatten bei unserem Kommunalkongress gerade die Bundeskanzlerin zu Gast. Sie hat es zwar nicht explizit versprochen, aber ganz klar durchklingen lassen, dass die damit verbundenen Kosten nicht zum 31. Dezember 2018 enden werden und sich der Bund demzufolge auch darüber hinaus finanziell solidarisch zeigen wird. Das gilt meines Erachtens nicht nur für die CDU/CSU, sondern auch für andere potenzielle Koalitionäre. Alle haben erklärt, dass man die Kommunen mit dieser Aufgabe nicht allein lassen kann.

 

Finanzielle Unterstützung ist das eine, aber auch die Reduzierung der Kosten kann nicht schaden. Momentan erhalten nach Angaben Ihres Verbandes bereits 770 000 Flüchtlinge Hartz IV, und weitere 200 000 Asylbewerber werden 2017 neu nach Deutschland kommen. Ihr Hauptgeschäftsführer, Gerd Landsberg, plädiert deshalb künftig für eine deutliche Beschränkung des Familiennachzugs - und Sie?

Brandl: Ich unterstütze alles, was hilft, dass die Gemeinden finanziell nicht überfordert werden. Die Frage ist nur, ob wir es rechtlich schaffen würden. Die Union ist dafür, und auch viele Bürgermeister der SPD sind Pragmatiker genug, sich da anzuschließen. Aber für eine Begrenzung des Familiennachzugs brauchen wir eine Zweidrittelmehrheit, um das Grundgesetz entsprechend zu ändern. Dafür sind auch Stimmen der Grünen notwendig. Doch Grüne und Linkspartei haben bereits erklärt, dass sie in diesem Punkt keine Änderung akzeptieren werden.

 

Ein weiteres drängendes Thema, vor allem für kleine Gemeinden im ländlichen Raum, ist der häufig noch schleppende Breitbandausbau - hoffen Sie, dass hier das von der CSU für nach der Bundestagswahl geplante Digitalministerium eine Verbesserung bringt?

Brandl: Klar ist, dass wir bei den derzeit anvisierten Übertragungsgeschwindigkeiten von 50 Mbit/s nicht stehen bleiben dürfen. Wir als Städte- und Gemeindebund unterstützen daher auch eine Änderung des Telekommunikationsgesetzes - dass man also als Bürger ein Recht auf schnelles Internet bekommt genauso wie bisher schon das Recht auf einen Telefonanschluss. Breitband als Grundversorgung zu definieren wäre wichtig. Wir werde Schritt für Schritt vorgehen müssen - unter anderem dadurch, dass die Bundesregierung bei der EU durchsetzt, selbst bestimmen zu dürfen, bis zu welcher Übertragungsgeschwindigkeit der Breitbandausbau in den Kommunen gefördert werden darf.

 

Nicht nur in Bayern, auch in anderen Gegenden Deutschlands kämpfen viele Gemeinden mit dem demografischen Wandel. Lässt sich diese Entwicklung überhaupt noch aufhalten, oder kann man die Folgen bestenfalls nur noch lindern?

Brandl: Jedem, der auf Bundesebene ernsthaft politisch tätig ist, muss klar sein, dass auch das Grundgesetz den Auftrag vermittelt, für die Gleichwertigkeit der Lebensbedingungen zu sorgen - so wie wir es ja in Bayern aus der Verfassung kennen. Dafür muss auch aktiv etwas getan werden - beispielsweise durch eine bewusste Ansiedlung von Firmen in der Fläche, um Arbeitsplätze und damit Einwohner am Ort zu halten. Neben Bund und Land sind da aber auch wir Kommunen selbst gefordert, durch eigene Initiativen tätig zu werden. Wir dürfen nicht nur Zuschauer dieser Entwicklung sein und klagen, sondern müssen aktiv dagegensteuern.

 

Eine Frage eher an den bayerischen Gemeindetagspräsidenten: Die CSU-Landtagsfraktion stellt sich teilweise gegen den Plan von Heimatminister Markus Söder, das Anbindegebot für Gewerbegebiete zu lockern - eine Niederlage auch für den Gemeindetag, der ja genau das immer gefordert hat?

Brandl: Wir können mit dem Kompromiss gut leben, die Vorverträglichkeitsprüfung hat es ja auch in der Vergangenheit bereits gegeben. Teilweise enttäuscht bin ich aber von der Argumentation der Kollegen des Städtetags. Die immer wieder beklagten Sündenfälle hat es nämlich nicht in den kleineren, kreisangehörigen Gemeinden gegeben, sondern vor allem in den großen, kreisfreien Städten. Ich erinnere hier beispielsweise an das auf der Grünen Wiese errichtete "Ingolstadt Village" oder an die Möbelhäuser von Ikea und XXL Hiendl in Regensburg. Die Großstädte tun sich da leicht - weil sie ja Planungs- und Genehmigungsbehörde in einem Rathaus haben. Wir stehen unter dem Kuratel der Landratsämter. Die Staatsregierung muss dafür sorgen, dass hier einheitliche gesetzliche Rahmenbedingungen für alle Kommunen herrschen.

 

Im nächsten Monat müssen Sie sich auch der Wiederwahl als Bürgermeister in Ihrem Heimatort Abensberg stellen. Kommen Sie noch genügend ins eigene Rathaus, wenn Sie nun gleich zwei Ehrenämter auf Verbandsebene ausüben - bisher schon in München und künftig auch noch in Berlin?

Brandl: Da müssen sich "meine" Abensberger keine Sorgen machen. Für mich hat immer gegolten: Abensberg first, und daran wird sich auch nichts ändern. Ich habe daheim im Rathaus, aber auch in den beiden Verbandsgeschäftsstellen jeweils gute Mitarbeiter und heute kann man ja auch unterwegs vieles digital erledigen. Sicher bringt das neue Amt erhebliche Mehrwerte für meinen Heimatort, das ist ja auch nicht schlecht. Ich habe unzählige Glückwünsche meiner Bürgerinnen und Bürger erhalten. Ich glaube, dass viele dieses Amt zu Recht auch als Auszeichnung für die ganze Stadt empfinden.

 

Das Interview führte André Paul