Ingolstadt
Vier Ringe unter Strom

Audi soll bei der Elektromobilität im VW-Konzern die Vorreiterrolle übernehmen

26.01.2016 | Stand 02.12.2020, 20:16 Uhr

Ingolstadt (DK) Die Automobilbranche steht vor einem großen Umbruch. Immer mehr Hersteller entwickeln alternative Antriebsarten. Nach dem Abgas-Skandal hat auch der VW-Konzern eine Offensive bei der Elektromobilität angekündigt, die Vorreiterrolle soll die Tochter Audi übernehmen.

Der erste vorsichtige Schritt in Richtung Elektroauto liegt ein gutes Jahr zurück. Damals rollte mit dem A3 e-tron der erste Plug-in-Hybrid vom Band. Bislang hat sich das Modell in Westeuropa rund 13 000 Mal verkauft. Vor allem in den Niederlanden und Norwegen ist die Nachfrage nach Werksangaben groß. Dort ordert inzwischen jeder vierte Audi-Kunde das Fahrzeug mit Otto- und Elektromotor. Die Reichweite der Batterie beträgt gemäß Hersteller 50 Kilometer, ein eher symbolischer Wert.

In diesem Frühjahr wagt Audi mit dem Q7 e-tron den nächsten Schritt. Der Diesel-Hybrid soll knapp über 50 Kilometer rein elektrisch zurücklegen. Eine Reichweitenverbesserung ist also noch nicht in Sicht. Anders als der A3 wird der Q7 von einer Kombination aus V6-Diesel und E-Motor mit Lithium-Ionen-Akku angetrieben. Laut Hersteller sinkt zumindest auf dem Papier der Verbrauch auf 1,8 Liter je 100 Kilometer und der CO2-Ausstoß auf 48 g/km. Bei einem Einstiegspreis von 80 500 Euro ist der SUV indes weit davon entfernt, der Elektromobilität zum Durchbruch zu verhelfen.

Dem Vernehmen nach wollen die Audi-Ingenieure bis Anfang 2019 insgesamt fünf Plug-in-Hybride ins Rennen schicken, inklusive eines eigenen Modells für den chinesischen Markt.

Den größten Sprung in Richtung Elektromobilität wollen die Ingolstädter 2018 machen, und zwar mit einem rein batteriebetriebenem Fahrzeug. Auf der Internationalen Automobilausstellung im September in Frankfurt war der e-tron quattro concept bereits zu sehen. Die Studie soll Audi bei der Elektromobilität zum Durchbruch verhelfen. Produziert wird der Elektrowagen in Brüssel. Das Werk in Belgien bekommt zudem eine eigene Batteriefertigung und wird zum Schlüsselwerk für Elektromobilität im Volkswagen-Konzern. Das gab das Unternehmen vergangene Woche bekannt.

Die Vorbereitungen für den Angriff in Sachen Elektromobilität hat Audi getroffen. Im August des vergangenen Jahres verkündete der Autohersteller nämlich bereits die Zusammenarbeit mit den koreanischen Zulieferern LG Chem und Samsung SDI. Beide Unternehmen wollen in Europa in die Zelltechnologie investieren. Die Lieferanten werden Audi mit Zellmodulen beliefern, die nach den Vorgaben des Unternehmens gefertigt werden. "Unsere Ingenieure entwickeln das gesamte Batteriekonzept und das Energiemanagement. Komponenten wie die Zell-Module kaufen wir zu. Die Batterien werden wir in einer eigenen Fertigung komplett selbst montieren", sagt Bernd Martens. Der promovierte Wirtschaftsingenieur ist bei Audi als Vorstand für die Beschaffung verantwortlich. Derzeit laufe die Entwicklung der Box, in der die Batterie samt Leistungselektronik, Batteriemanagement und Kühlung integriert wird. Während die Batterie bei einem Plug-in-Hybrid je nach Größe rund 150 Kilogramm wiegt und vom Fahrzeug getragen wird, muss die rund 700 Kilogramm schwere Elektrobatterie so in die Konstruktion eingebaut sein, dass die Batterie auch das Fahrzeug unterstützt. "Die Batteriebox ist Teil der Fahrzeugkonstruktion. Dadurch trägt sie zur Fahrdynamik und Qualität des Autos bei und unterstützt auch bei einem Crash. Daher ist es so wichtig, dass wir sie selbst entwickeln", verdeutlicht Martens.

Der Elektro-SUV soll mindestens 500 Kilometer Reichweite besitzen. Technisch ist die Batterie auf 15 Jahre und 300 000 Kilometer ausgelegt. Nach acht Jahren sollen die Batterien noch 80 Prozent ihrer Kapazität besitzen. "Wir erwarten noch bedeutende Technologiesprünge. Auch deshalb kaufen wir keine fertige Batterie, sondern entwickeln das Batteriekonzept selbst - und zwar nach einem modularen Ansatz", erklärt der Audi-Vorstand. So profitiere man immer vom technischen Fortschritt und könne einzelne Komponenten austauschen, wenn es innovative Weiterentwicklungen gebe. In zwei Jahren soll die Technik so weit vorgeschritten sein, dass die Batterien binnen 30 Minuten zu 80 Prozent aufgeladen sind.

Der Druck, alternative Antriebsarten zu entwickeln, steigt kontinuierlich. Nicht nur die Konkurrenz aus Deutschland (BMW) und den USA (Tesla) gibt ordentlich Strom, auch die Europäische Kommission nimmt die Automobilhersteller in die Pflicht. Ab 2025 dürfen die Fahrzeugflotten nur zwischen 68 und 78 g/km CO2 ausstoßen. Branchenkenner gehen davon aus, dass ab diesem Zeitpunkt ein Viertel der Modelle elektrisch angetrieben werden müssen. Die Zeit läuft deshalb, auch bei Audi.