Der
Spannender Spätzünder

Der neue Ford Mondeo hätte eigentlich schon vor einem Jahr in Europa auf den Markt kommen sollen

21.10.2014 | Stand 02.12.2020, 22:05 Uhr

Design-Ähnlichkeiten mit der Nobelmarke Aston Martin: Der neue Ford Mondeo Turnier macht optisch eine gute Figur. Auch in Sachen Infotainment ist das neue Modell technisch auf der Höhe der Zeit – zumindest in den topausgestatteten Versionen.

Der Ford Mondeo wurde schon immer von einer eher pragmatisch orientierten Zielgruppe mit dem Wunsch nach fairem Preis-Leistungs-Verhältnis bevorzugt. Das soll in der neuen Generation so bleiben, allerdings steht das günstigste Modell im Moment mit satten 27 150 Euro zu Buche. Dafür gibt es aber auch einen Benziner mit 160 PS Leistung – erst im nächsten Jahr kommt dann das eigentliche Basismodell mit 1,0-Liter-Motor, wahrscheinlich 125 PS und sicher einige tausend Euro günstiger.

Aber der Preis allein macht es auch bei Ford längst nicht mehr. Spätestens seit Fiesta und jüngst auch Focus mit einer neuen, markanteren Front um Kunden buhlen, die unweigerlich an die Aston-Martin-Designsprache erinnert, wird deutlich: Die Marke mit der berühmten blauen Pflaume setzt jetzt auch auf emotionale Werte. Zunächst allerdings muss man dem Mondeo eine deutliche Verspätung vorhalten. Wegen einer Produktionsumstellung in Europa kommt der große Ford mit einem Jahr Verzögerung. In den USA ist das Fahrzeug sogar schon seit 2013 im Handel, dort unter dem Namen Fusion.

Schön, dass er jetzt da ist, und prima, dass er optisch vom ersten Blick an überzeugt: Da steht ein richtig schönes Auto auf Rädern. Großer Kühler, scharfer Knick in der Flanke, Powerdomes auf der Motorhaube und schneidige Scheinwerfer, auf Wunsch in Voll-LED-Technik. Wer die Hightech-Lampen wählt (1250 Euro), bekommt übrigens Blinker in dynamisierter Form, wie sie auch Audi anbietet. Darüber hinaus offeriert der neue Mondeo alle erdenklichen Komfort- und Sicherheitsfeatures; diese reichen vom klimatisierten Massagesitz für 2500 Euro Aufpreis über das autonome Bremssystem (ab 250 Euro) bis hin zu hinteren Gurt-Airbags, die es bisher nur in der Mercedes S-Klasse gab. Über die Standard-Assistenten wie Spurhalte-Kontrolle inklusive aktiver Lenkung oder Verkehrszeichen-Erkennung kann dieser Ford sowieso nur müde lächeln. Müde ist er aber keineswegs – zumindest nicht in den Varianten, die der Hersteller für erste Proberunden bereitgestellt hat.

Beginnen wir mit dem 1,5 Liter großen Benziner. Direkteinspritzung und Turboaufladung sind die Zeichen der Zeit, das heißt aber nicht zwingend, dass die Laufkultur überzeugen muss. Doch in diesem Fall ist es so. Da der Ottomotor bereits im modifizierten Focus einen guten Eindruck hinterließ, kann er im besser gedämmten Mondeo kaum patzen. Selbst unter Ausnutzung des Drehzahlbandes bleibt er akustisch zurückhaltend und gefällt durch kräftigen Durchzug.

Dass sich der Mondeo in dieser Variante auf der bergigen Testroute eher zwölf statt sechs Liter genehmigt, darf man ihm nicht verübeln – wer etwas leistet, braucht auch Energie. Und der 1,5-Tonnen-Brocken mit 160 PS macht mehr Fahrspaß, als die reine Papierform glauben macht, animiert also zum sportlichen Umgang. Schließlich benötigt er gemäß Werksangabe 9,3 Sekunden bis Landstraßentempo, Sportwagen-Werte sind das nicht gerade. Vielleicht liegt es aber auch am agilen Fahrwerk und der präzisen elektromechanischen Servolenkung. Die neue Hinterachskonstruktion mit Integrallenker verfügt über eine passive Mitlenkfunktion. Dabei gelang es den Fahrwerkern, dem dynamischen Mittelklässler auch eine fein dämpfende Note zu verpassen. Schlechte Straßenpassagen bügelt er wirkungsvoll glatt.

Spürbar kopflastiger, aber keineswegs spaßärmer kommt der 2,0 TDCI mit 180 PS um die Ecke. Sobald der Lader nach Luft schnappen kann, stehen 340 Nm bereit. Da es dafür aber 2000 Umdrehungen braucht, ergibt sich eine winzige Anfahrschwäche. Aber er bleibt immerhin schon deshalb moderat im Ton, weil man in der Mondeo-Zelle recht abgeschirmt von Geräuschen weilt. Als Diesel identifizierbar bleibt der Zweiliter aber schon, was nicht unsympathisch ist. Ab nächstem Jahr können die Interessenten für Fords Mittelkasse auch einen Hybriden wählen. Der ist mindestens 34 950 Euro teuer und bietet im Gegenzug 187 PS Systemleistung.

Ganz auf modern macht der Mondeo mit seinem Enter- und Infotainment. Die Topvarianten zeigen mit großflächiger TFT-Fläche im Kombiinstrument, was Stand der Technik ist. Erfreulich, dass es gleich mehrere Infofelder gibt. So können beispielsweise die Bordcomputer-Werte und etwaige Zielführungspiktogramme der Navigation gleichzeitig dargestellt werden. Apropos Navigation: Analog zum gelifteten Focus gibt es ein komplett neues System mit intuitiv bedienbarem Touchscreen und schönem Kartenbild. Ab Mitte 2015 gesellt sich zu den ohnehin schon vielen Varianten eine Allradversion (in Verbindung mit den 150-PS- und 180-PS-Dieseln). Abgesehen davon wird es noch eine maximal luxuriöse Vignale-Ausführung geben. Hoffentlich mutet Ford seinen Kunden da nicht zu viel Qual der Wahl zu. SP-X