VW
Passat deluxe

Der Arteon ist Volkswagens neues Topmodell ein echter Phaeton-Ersatz ist er aber nicht

06.06.2017 | Stand 02.12.2020, 17:59 Uhr

Nobel eingerichtet: Im VW Arteon hat der Fahrer allen Grund, sich wohl zu fühlen.

VW hat ein neues Topmodell. Nach dem stillen Abgang des Phaeton übernimmt nun der Arteon die Rolle des nobelsten Wolfsburgers. Auch wenn es der Name suggerieren mag, ist das neue Flaggschiff kein echter Phaeton-Ersatz, wenngleich der Arteon preislich sogar in Oberklasse-Regionen vordringen kann. Letztlich handelt es sich aber um ein Passat-Derivat, das mit besonderer Aura und einigen Innovationen durchaus Eindruck schindet.

Bereits optisch kann sich der Arteon in wohltuender Weise vom Konsens-Design des Passat abheben. Die Front wirkt breit und flach und versprüht zusammen mit den charakteristischen Tagfahrleuchten gehobenes Überholprestige. Ebenfalls für eine besondere Ausstrahlung sorgen die coupéhafte Silhouette, rahmenlose Türen und bis zu 20 Zoll große Aluräder.

Obwohl der Dachverlauf der Fließheck-Limousine gewisse Einschränkungen beim Raumangebot erwarten lässt, überrascht der VW-Neuling innen mit reichlich Entfaltungsspielraum. Selbst größeren Fahrgästen bietet er viel Luft nach oben. Großzügig ist auch der Fond, der mit guter Kopffreiheit und besonders viel Beinfreiheit punktet. Sogar der Kofferraum, den man über eine große und auf Wunsch auch elektrisch öffnende Heckklappe erreicht, ist riesig. Im Normalzustand kann das Gepäckabteil 563 Liter aufnehmen, dank der umklappbaren Rückbank wächst das Volumen auf 1557 Liter und damit auf ein Niveau ausgewachsener Kombis.

Lediglich das rechte Fahrerknie wird in seiner Bewegungsfreiheit durch die wuchtige Mittelkonsole eingeschränkt. Und hier findet sich im haptischen Cockpitbereich auch das einzige Hartplastik. Ansonsten wird der Arteon in Hinblick auf Materialwahl und Verarbeitungsqualität seiner Rolle als Top-VW durchaus gerecht. Obwohl das Auto voller Technik streckt, präsentiert sich der Arbeitsplatz aufgeräumt, da sich viele Funktionen über den großen Touchscreen in der Mittelkonsole bedienen lassen. Doch braucht es nicht gleich ein Handbuchstudium, um den Arteon fahren zu können. Ohne weiteres Vertun drückt man einfach den Startknopf und legt den Hebel vom Selbstschaltgetriebe auf D. Den Rest erledigt die 4,86 Meter lange Limousine auf Wunsch sogar fast von selbst.

Insgesamt drei Diesel und drei Benziner mit einem Leistungsspektrum von 150 PS bis 280 PS werden für den Arteon angeboten. Zur Testfahrt standen uns die jeweils stärksten Varianten beider Verbrennungsarten zur Wahl, die ausschließlich in Zwangskombination mit Allrad und 7-Gang-DSG zu haben sind. Mit dem 240 PS starken Biturbo-TDI mutiert die VW Limousine zum eindrucksvollen Tempobolzen. Lediglich 6,5 Sekunden dauert es, bis der 1,8-Tonner aus dem Stand Tempo 100 erreicht; maximal sind 245 km/h drin. Vor allem der bärige Schub der 500 Newtonmeter Drehmoment beeindruckt, zumal dank Allradantrieb die enorme Kraft sehr sauber in Vortrieb umgesetzt wird. Ein Spritsparer ist diese Variante allerdings nicht: Laut VW liegt der Normverbrauch bei 5,9 Liter, ein Wert, den wir bei unserer Probefahrt trotz einiger temporeicher Autobahnabschnitte und einer dank 30 Grad Außentemperatur stark geforderten Klimaanlage mit 6,3 Liter nur knapp verfehlten.

Ebenfalls nur einige Zehntelliter überm Normverbrauch von 7,3 Liter sind wir die Topmotorisierung 2.0 TSI 4Motion unter vergleichbaren Bedingungen gefahren. Dank 280 PS, 350 Newtonmeter und ein im Vergleich zum Top-Diesel um über 100 Kilogramm niedrigeres Gewicht fährt sich diese Variante spürbar agiler.

Bemerkenswert sind die automatisierten Fahrkünste, mit denen der Arteon den Fahrer in vielen Situationen entlastet. Wird beim Abstandstempomat eine Geschwindigkeit festgelegt, erledigt den Rest der Rechner. Dieser passt nicht nur das Tempo automatisch an vorausfahrende Fahrzeuge an, sondern außerdem auch an Tempolimits oder Geschwindigkeitsempfehlungen für Kurven oder Verkehrskreisel. Die Informationen hierzu steuert die GPS-Navigation bei. Theoretisch muss sich der Fahrer in vielen Situationen nur noch aufs Lenken konzentrieren. Praktisch hat sich allerdings gezeigt, dass man der Technik nicht völlig vertrauen sollte. Nicht jedes Tempolimit wird korrekt interpretiert. In der Regel kann man sich auf den Autopiloten aber weitgehend verlassen, was es dem Fahrer gelegentlich erlaubt, den Blick in die Landschaft schweifen zu lassen. ‹ŒSP-X