Neuer VW-Markenchef Diess sieht keine Gefahr für Stammbelegschaft

13.11.2015 | Stand 02.12.2020, 20:33 Uhr

Wolfsburg (dpa) Schulterschluss bei Volkswagen: Der Konzern muss zwar massiv sparen, Top-Management und Betriebsrat wollen aber ohne Jobabbau durch die Abgaskrise kommen - zumindest bei der Stammbelegschaft.

Trotz der immensen Kosten für den Abgasskandal will Volkswagen bei den Stammbeschäftigten keine Jobs abbauen. "Ich sehe keine Bedrohung für die Stammbelegschaft", sagte VW-Markenchef Herbert Diess in Wolfsburg der Deutschen Presse-Agentur in einem Doppelinterview mit Betriebsratschef Bernd Osterloh. Bei den Bonuszahlungen für die Mitarbeiter werde es aber Einbußen geben.

Diess betonte zudem, es gebe derzeit keine Hinweise darauf, dass es neben den Abgas-Manipulationen und geschönten CO2-Angaben weitere Verfehlungen gebe. Osterloh warnte davor, die gesamte VW-Belegschaft unter Generalverdacht zu stellen. Auf Einschnitte bei der Beteiligung am Gewinn müssten sich die Mitarbeiter aber gefasst machen. Doch auch Diess kündigte an, dass der Vorstand mit Einbußen rechnen müsse.

Am Freitag vergangener Woche hatte VW-Konzernchef Matthias Müller nach massiver Kritik Osterlohs eine engere Zusammenarbeit bei der Lösung der Abgas-Krise angekündigt. "In der jetzigen, schwierigen Situation müssen wir gemeinsame Entscheidungen treffen, welche die Wirtschaftlichkeit genauso berücksichtigen wie die Beschäftigung", sagte Müller nach einer Sitzung des Aufsichtsrates.

Zuvor hatte Osterloh das Krisenmanagement scharf kritisiert. "Der Vorstand verkündet Sparmaßnahmen einseitig und ohne Grundlage", hatte Osterloh gesagt. "Der Betriebsrat wird bewusst außen vor gelassen." In dem dpa-Interview signalisierten Diess und Osterloh nun mit einem demonstrativen Schulterschluss, dass die Arbeitsbasis wieder stimme.

Mit Blick auf die Zeitarbeiter - von ihnen gibt es bei der Volkswagen AG in Deutschland nach dpa-Informationen gut 7000 - wollte Diess noch keine Einschätzungen geben. "Bei der Übernahme von Leiharbeitern müssen wir sicher vorsichtig sein in der jetzigen Zeit", sagte er.

Zum forcierten Sparprogramm, mit dem sich der Konzern gegen die milliardenschweren Folgen des Skandals stemmt, sagte Diess: "Wir waren in einigen Investitionsprogrammen schon etwas großzügig unterwegs. Da haben wir eingegriffen. (...) Wir werden uns sicher nicht um die Zukunft sparen." So gelte es beispielsweise, 2019 oder 2020 eher noch mehr Elektrofahrzeuge ins Programm aufzunehmen. Ausschließen könne er auch Verzögerungen bei nächsten Golf. "Der Golf ist unser Kernmodell und wir werden mit dem neuen Golf 8 auch etwas sehr Richtungsweisendes auf die Beine stellen", versprach er.

Osterloh berichtete von der Prämisse, dass die gewollte Verringerung der Variantenvielfalt beim Kunden nicht zu spürbar sein sollte. "Das Auto muss noch besser werden, aber dabei können wir trotzdem sparen", sagte er. Dabei gehe es etwa um die Frage, wie viele Motor- und Getriebevarianten oder Gelenkwellen VW sich künftig leisten müsse.

In einem ersten Schritt hat der Konzern 6,7 Milliarden Euro zur Bewältigung des Skandals zurückgelegt und weitere zwei Milliarden Euro für die CO2-Affäre veranschlagt. Diess sieht noch mehr auf das Unternehmen zukommen, da Risiken auf der Hand lägen. "Etwa durch mögliche Strafzahlungen. Es ist momentan sehr schwer, das genauer abzuschätzen", erläuterte er.

Zum im Frühling anstehenden Bonus für die rund 120.000 Mitarbeiter im VW-Haustarifvertrag sagte Diess: "Das Unternehmen wird weniger verdienen und die finanzielle Anspannung steigt beträchtlich. Da muss man natürlich reagieren. Wir können nicht so tun, als wäre nichts passiert." Osterloh ergänzte: "Wir kriegen da schon was hin. Aber ich kann heute schon sagen, dass der Bonus nicht auf dem Niveau des Vorjahres liegen kann. Darüber sind wir uns doch alle im Klaren."

Der Vorstand müsse aber auch mit gutem Beispiel vorangehen. Diess sagte zu seiner persönlichen Einschätzung bei dem Thema Verzicht: "Man muss über alles nachdenken. Der Bonus ergibt sich proportional zur wirtschaftlichen Leistung des Unternehmens und wir werden ein schlechtes Jahr haben im Vergleich zum Vorjahr."